Autor:in: Mariana Volz

Distanzzonen – was passiert, wenn man sie nicht kennt?

Mittwoch Abend, 19 Uhr. Selbsthilfegruppe für Menschen mit psychischen Störungen.

Schwups – fast hab ich eine Hand in meinem Gesicht. Mein Sitznachbar gestikuliert so wild vor sich hin, dass er meine Distanzzone, Minimum 50 cm, völlig überschreitet. Komisch, merkt er das denn nicht ?
Scheinbar nicht. Denn er macht es andauernd. Immer und immer wieder. Er scheint es gar nicht zu bemerken, dass sich alle in seiner Gegenwart immer unwohler fühlen. Körpersprache scheint auch nicht so sein Ding zu sein. Wir kennen uns alle erst ein paar Minuten und er stellt alle möglichen intimen Fragen und bohrt unerbittlich nach. Dabei zeigt sein Gesprächspartner ihm deutlich mit verschränkten Armen und gesenktem Kopf, dass er nicht mehr von ihm ausgequetscht werden möchte.
Selbst wenn andere einschreiten und für die in die Enge getriebene Person etwas Ruhe fordern, dauert es keine zehn Minuten und er ist schon wieder viel zu dicht dran.
Es ist schwer, jemanden eine nicht sichtbare Grenze zu vermitteln, die wir alle, so scheint es, von Geburt an haben, nur der Betroffene leider nicht.

Bedauerlicherweise führt das für den Betroffenen oftmals zum, für ihn unerklärlichen, Ausschluss aus sozialen Gefügen. Es wird einfach erwartet, dass man gewisse Grenzen wahrnimmt, sonst passt man nicht rein. Ja, es wird dem Betroffenen meist sogar Absicht unterstellt. Und der versteht dann gar nicht, was überhaupt los ist in seinem Leben. Warum ihn der Ausschluss aus Gruppen immer und immer wieder passiert.