Autor:in: Volker Althoff

Expert:innen diskutieren über die psychiatrische Versorgung rund um die Geburt

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Mehr als jede zehnte Mutter erkrankt nach der Geburt ihres Kindes an einer sogenannten Wochenbettdepression. Die postpartale Depression ist damit eine der häufigsten Erkrankungen nach einer Entbindung. Sie wird allerdings oft verspätet oder gar nicht erst diagnostiziert und behandelt – mit schwerwiegenden Folgen für Mutter und Kind.

Wie die soziale, psychologische und psychiatrische Versorgung rund um die Geburt im Land Bremen aufgestellt ist, wie bestehende Angebote besser verzahnt und wie Fachpersonen für die Symptomatik und die Behandlungsmöglichkeiten postpartaler Depressionen und anderen seelischen Notlagen rund um die Geburt sensibilisiert werden können, diskutierten Expert:innen bei der Bremer Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichstellung der Frau.

Fachlichen Input gab Dr. Silke Pawils vom Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Auf dem Podium diskutierten:

  • Jette Rasmussen, niedergelassene Psychotherapeutin
  • Tanja Joachim, Sozialpädagogin und Hebamme, Klinikum Bremen-Mitte
  • Ruby Ebel, Familienhebamme, Frühberatungsstelle Süd
  • Dr. Martin Bührig, Psychiater und Klinikdirektor, Psychiatrisches Behandlungszentrum Nord

Die Veranstaltung wurde gemeinsam von der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, dem Netzwerk Seelische Gesundheit rund um die Geburt (SGG) und der Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) am 21 Februar 2024 organisiert und richtete sich an Politik, Verwaltung, Fachpersonen sowie an die interessierte Öffentlichkeit..

Frauen- und Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard hielt fest: “Je früher eine postpartale Depression erkannt und professionell behandelt wird, desto höher sind die Heilungschancen. Die Versorgungsstruktur im Land Bremen hält auf verschiedenen Ebenen etliche Angebote vor, um Frauen vor und nach der Geburt psychologisch und psychiatrisch gut zu versorgen. Es gibt aber mit Sicherheit Verbesserungsbedarf, deshalb sind der kommende Fachaustausch und die Impulse sehr wichtig. Dazu gehört zum Beispiel, wie das Ineinandergreifen der Arbeit von Hebammen und Beratungsstellen, niedergelassenen Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Gynäkologinnen und Gynäkologen und den Kliniken weiter verbessert werden kann.”

Marina Mohr, Schwangerenberaterin und Sprecherin des Netzwerks Seelische Gesundheit rund um die Geburt (SGG) meinte: “Eine Wochenbettdepression äußert sich darin, dass die Mutter keine oder eine nur eingeschränkte Bindung zu ihrem Kind aufbaut. In der weiteren Entwicklung des Kindes kann dies zu emotionalen, sozialen und kognitiven Problemen führen. Die Erkrankung wird häufig erst spät erkannt, weil betroffene Frauen aufgrund von Scham- und Schuldgefühlen nicht von sich aus über ihre Situation sprechen. Sie spüren starke Zweifel, was die Ausfüllung ihrer Mutterrolle angeht. Manchmal ist die seelische Not so groß, dass Zwangshandlungen entstehen und Gedanken aufkommen, dem Kind etwas antun zu wollen. Damit Betroffene schnell Hilfe bekommen, müssen Fachpersonen typische Symptome erkennen und über mögliche Weiterbehandlungen Bescheid wissen. Hier sehen wir großen Handlungsbedarf: Das Wissen zu psychischen Erkrankungen rund um die Geburt und Behandlungsmöglichkeiten ist noch nicht ausreichend verbreitet.”

Bettina Wilhelm, Landesbeauftragte für Frauen betonte: “Ich begrüße die breit aufgestellte Fachdiskussion in dieser Sache ausdrücklich. Jede Schwangere – und ebenso die zweite Elternperson, falls vorhanden – kann in eine Situation geraten, in der sie auf psychologische oder psychiatrische Hilfe angewiesen ist. Denn der Eintritt in die Elternschaft kann immer eine Krise auslösen – allein durch die massive Umstellung des Hormonhaushalts, durch Schlafmangel und durch Veränderungen in der Partnerschaft. Und möglicherweise noch verstärkt etwa durch finanzielle Schwierigkeiten, beengtes Wohnen oder psychische Vorerkrankungen. Umso wichtiger ist es, dass wir die seelische Gesundheit von jungen Familien in den Blick nehmen und herausarbeiten, wie eine gute Versorgung gelingen kann.”

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