Wer nachts in eine psychische Krise gerät, hat seit dem 12.12.2016 wieder die Möglichkeit, das nächtliche Krisentelefon anzurufen. Es ist von Montag bis Freitag von 21 Uhr bis 8:30 Uhr und am Wochenende von 17 Uhr bis 8:30 Uhr zu erreichen. Im Notfall fahren Mitarbeiter des Krisentelefons bis drei Uhr morgens zu Betroffenen. Anders als im staatlichen Krisentelefon ist im nächtlichen Modellprojekt, welches allerdings nur bis Ende 2017 läuft, kein Arzt im Bereitschaftsdienst.
Menschen in psychischen Krisen aus Mitte und West finden im Nachtcafé des Café Klatsch (Walle) täglich von 19:30 Uhr bis 2:30 Uhr Kontakt und, wenn gewünscht, professionelle Unterstützung. In Bremerhaven kann man das Nachtcafé des Klinikums Reinkenheide in den Räumen der Tagesstätte Boje montags bis freitags in der Zeit von 18 Uhr bis 22 Uhr aufsuchen.
Zum Stand der Crisendienst Campagne – Meinung
Um es gleich zu sagen: Wir haben gar nichts erreicht, was von Dauer ist und doch manches.
Nach dem, dass die Nachtversorgung ganz verschwinden sollte, weil angeblich kein Geld mehr da war und dann kurz danach 1,2 Millionen € auftauchten, von denen bis heute unklar ist, woher sie kamen. Als Projekte im Rahmen dieser 1,2 Millionen € laufen bis Jahresende 2017:
- Ein telefonischer Notdienst für ganz Bremen,
- ein Nachtcafe für Bremen-Mitte und -West im Cafe Klatsch bis 2.30 Uhr und darin sogar
- ein Notbett, das ohne ärztliche Verschreibung in Anspruch genommen werden kann und
- aufsuchende Hilfe im Bremer Westen und in Mitte.
Äußerst unbefriedigend und teilweise rechtswidrig sind aber weiterhin die folgenden Punkte:
- Weiterhin gibt es den würdelosen Polizeitransport statt eines Notpsychiaterwagens.
- Der Ausschluss der Schwerstkranken und gesetzlich Hilfsbedürftigen bei Selbst- und Fremdgefährdung – bleibt hinter den Rechten der Betroffenen zurück (PsychKG).
- Der Facharzt- und Fachpsychotherapeutenstandard bei der Notversorgung wird nicht eingehalten (Krankenhausgesetz).
- Der Notdienst wird zur Zeit rechtswidrig ohne das Krankenhaus ausgeführt (Krankenhausgesetz).
- Die allgemeine Medizin wird aus Mitteln der Psychiatrie querfinanziert, wodurch die Psychiatrie zu wenig Geld hat, um den Aufgaben der Pflichtversorgung auch nachts und am Wochenende nachzukommen.
- Bis heute gibt es keinerlei Vorschläge der Senatsgesundheitsverwaltung, wie die Regelversorgung nach dem Ende der Projekte im Dezember 2017 aussehen soll. Für 2018 aber müssen die Haushaltsmittel bis Mitte März 2017 vom Gesundheitsressort dem Finanzressort als Voranschlag nach § 27 Landeshaushaltsordnung (LHO) benannt worden sein, um in die Haushaltsplanung einzufließen, die zum 1. September 2017 fertig sein muss (§ 30 LHO).
- Über notwendige Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung wegen einer Einbringung der Psychiater und der psychologischen Psychotherapeuten in das Leistungs- und Abrechnungssystem der Nachtversorgung (nach dem Vorbild des ärztlichen Bereitschaftsdienstes) ist bislang nichts bekannt. Und:
- Parallel zu den Projekten (Menschenversuche) gibt es keine Basisversorgung mehr, auf die jeder Patient zurückgreifen kann, wenn er nicht länger im Projekt versorgt werden möchte: Was in der Testphase für Medikamente nach dem Arzneimittelrecht gilt, müsste für Projekte in der psychosozialen Medizin genauso gelten: Die Ausstiegsmöglichkeit in eine gesetzliche Basisversorgung. Genau die aber ist ersetzt worden durch die Projekte (=Versuche). Wo ist die gesetzliche Basisversorgung?
2017 wird es also darum gehen, sich für eine dauerhafte Regelversorgung ab 2018 einzusetzen.
Jürgen Busch