Ich bin der Meinung, je älter der Mensch ist, umso mehr überschneiden sich die somatischen Krankheiten mit den seelischen Störungen.
Ich fürchte, wir können dann nicht mehr unterscheiden, ob wir zum Beispiel an einem Bandscheibenvorfall leiden oder ob wir uns seelisch so überlastet haben, dass die daraus resultierenden Verspannungen die Bandscheibe aus ihrer Form treiben. Wir stehen dann vor der Entscheidung: suchen wir einen Psychologen auf, der uns hilft uns gedanklich zu entspannen, oder gehen zu einem Orthopäden, welcher uns körperliche Entspannungsübungen verschreibt, wie beispielsweise Krankengymnastik oder Ergotherapie?
Wenn wir wehrhaft sind und Glück haben, wird auf diesem Wege unsere Medikamentendosis nicht erhöht.
Politisch gesehen wünsche ich mir zum Erhalt der seelischen und körperlichen Gesundheit im Alter ambulante Einrichtungen, in denen jeder Senior auf Menschen trifft, die in der Lage sind den oft widersprüchlichen Wünschen und Ängsten der Hilfesuchenden gerecht zu werden. Hilfreich wäre es, wenn diese niederschwellig, ohne Anmeldung und Anwesenheitsverpflichtungen arbeiten könnten.
Wenn es gelingt die Wiederstände gegen einen Hausbesuch zu überwinden, hielte ich es für hilfreich, wenn z.B. die Sozialpsychiatrischen Dienste eine ehrenamtliche arbeitende Bürgerhelfergruppe ausbilden könnten, die unter der Leitung einer Gerontopsychiatrischen Fachkraft den alten Menschen zuhause helfen, ihre kleinen praktischen Probleme zu lösen, wie z.B. das Auswechseln einer Glühbirne oder den entspannten Gang in ein Eiscafé.
Zehn Jahre lang war ich in Bayern Mitarbeiterin einer solchen Bürgerhelfergruppe. Wir bekamen 10 Euro pro Stunde und die Fahrtkosten als Aufwandentschädigung. Ich glaube, die Gruppe arbeitet immer noch unter den gleichen Bedingungen. Wichtig ist mir auch, dass Menschen, die sich ehrenamtlich einsetzen, regelmäßig Gelegenheit zur Supervision erhalten. Denn diese Arbeit ist nicht nur schön, sondern auch sehr anstrengend und belastend.