Puffern und gepuffert werden

Hier sitz‘ ich nun, vor einem PC, den mir die Redaktion Zwielicht in der Villa Wisch bereitstellt und realisiere, dass ich heute in der Morgenrunde auf mein resilientes (gelegentlich aber auch vulnerables) Leben Bezug genommen habe – damit schließend, dass ich die letzten Tage, mangels Ausgeschlafenheit, „nur funktionieren kann“ und damit auf die mich umgebende Gemeinschaft angewiesen bin – und das in zeitlichem Wechsel der Örtlichkeiten.
So werde ich mich (laut Kalendereintrag) ab 12 Uhr in einem halb-öffentlichen Raum befinden, wo ich mit einer/einem langjährigen Redaktionsmitglied/in zu einem ersten Lage-Sondierungsgespräch nach längerer Krank- und Abwesenheit zusammentreffen werde. Ich weiß, dass ich mir heute keine Hoffnungen zu machen brauche, ihr seelischen Beistand leisten können, denn dies gelingt mir normalerweise aufgrund meines resilienten Puffers (und jener ist z. Zt. nur durch mindestens siebenstündiges Schlafen aktiv zu halten).
Nun wollte es aber das Glück/der Zufall, dass ich auch diesen Zustand bereits rechtzeitig realisiert hatte, d. h. erfahrungsgemäß, dass mir mein Körper in benannter Situation notfalls (seelische) Reserven freigeben müsste, und genau davor hatte ich ja mein Leben lang Angst: Dass sich dieses „öffnende Fass“ nicht wieder von alleine schließt, mir (zu) nahestehende Menschen anfangen, ihre Sorgen („um mich“) zu „unterbreiten“ und mich damit regelmäßig in ihre Leidensgeschichten hineinziehen, ich meine Hirnaktivität ganz auf Reflektivität „hochfahren“ muss, um das „mein“ und „dein“ radikal zu trennen. Klingt das „chinesisch“?
Für mich ist es biografische Realität: Seitdem ich vor zwölf Jahren in das gesellschaftlich dafür vorgesehene Hilfs-/Stützsystem „abgerutscht“ war (denn zuvor hielt ich mich in „eher privilegierten“ Kreisen auf), habe ich mich zunehmend in die Traumata meiner Partnerinnen verstrickt – bis hin zur Selbstaufgabe des eigenen Schmerzpotentials zugunsten eines Weltschmerzes, den ich zunächst „für meinen eigenen hielt“, bis er sich nach sieben Wochen stationären Aufenthaltes wieder in den gewohnten gerechten Zorn verwandelt hatte, der mir lebenslang zu eigen war. Plötzlich und endlich fühlte ich mich nach den letzten sieben Jahren wieder ganz ich selbst.
Ich war insgesamt „viel über meine Grenzen gegangen“, um mich als „arbeitsames Rad im gesellschaftlichen Getriebe“ zu bewähren – in einer Zeit, als Kanzler Schröder „die deutsche Fleißarbeit“ erneut beschwor, als müssten die „Sozis“ dieses Rad speziell für sich erfinden (vielleicht um sich für seinen überarbeiteten „Polit-Kumpanen“ Putin zu profilieren).
Als dann meine langjährige Lebenspartnerin, welche zu dieser Zeit gerne zu Persönlichkeits-Entwicklungskursen in die USA reiste, zunehmend nach (von ihr) delegierbaren bezahlten Helfern suchte und in mir/in ihrem eigenen Hause einen willigen „Selfmade-Homeworker“ fand, der dafür alle Fähigkeiten bereit hielt, ohne sie allerdings zu (praktikablen) Fertigkeiten ausgebildet zu haben.
Ich scheiterte kläglich, meine privilegierten Nachbarn schüttelten den Kopf (auch dort standen die Partnerschaften stets an der Belastungsgrenze), und es kam zum Ehebruch, zum ersten Psychiatrieaufenthalt – aber da stand die eigene Wohnung in Ottersberg schon bereit zum erwünschten Rückzug vor dieser mich überfordernden Welt.
Es folgten jahrelange Partnerwechsel, die im symbiotischen und aussichtslosen „Beziehungspoker“ mündeten – bis ich endlich in einem neuen passenden Zuhause in einem für mich funktionierenden (meinen mittlerweile ausgebildeten Fertigkeiten entsprechenden) Umfeld in Bremen (bis auf weiteres) würde zur Ruhe kommen können.
Der seit sieben Jahren ersehnte Puffer war/ist plötzlich da. Heute Morgen gab ich meinen Dank über diese „Gnade“ höchst offiziell an meine sehr geschätzten Zwielicht Kollegen in der Morgenrunde weiter. Aber was rede ich denn die ganze Zeit von Puffern: von verspielten und wiedergewonnenen; von potenziell vorhandenen – resilienten, der Fähigkeit der Seele entsprechend, sich durch vermeintlich überfordernde Situationen „elastisch-hindurch-zu-dehnen“ und auch konstruierten (Zeit- und Raumfenster/rahmen).
Versteht mich denn hier überhaupt noch jemand in dieser „ungepufferten“ höchstleistungsorientierten Welt? Ich werde mich erneut auf die Suche nach Gleichgesinnten machen müssen, bevor sich mein temporärer Ruhepuffer erneut in einer „Traumata –Übertragung“ auflöst und ich selbst wieder „nackt dastehe“ – und mir wie immer keiner dabei „zuschauen“ möchte!
Obwohl ich einen neuerlichen Rückschlag sicherlich schöner, ästhetischer und wirkungsvoller in Szene setzen würde (denn auch das hab ich gelernt)! Das verspreche ich euch!!!