Autor:in: Volker Althoff

ReFaps stärken und fördern Kompetenzen von Kindern, Jugendlichen und Familien

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„Das Projekt gibt es in dieser Form nur in Bremen“, erklärt Kristina Dobers. Gemeint ist ReFaps. Hinter dieser Abkürzung steckt die Bezeichnung „Regionale Fachkräfte für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“. Und Kristina Dobers ist eine der therapeutischen Fachkräfte.

Der erste Corona-Kinder-Gipfel im Juni 2021, bei dem verschiedene Bremer Expert:innen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche präsentierten, und die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) waren der Stein des Anstoßes für die „Regionalen Fachkräfte für psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ (ReFaps).

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie verzeichnete seit Anfang des Jahres 2021 eine starke Zunahme an Anfragen für ambulante Therapien und Klinikbehandlungen: Psychosomatische Beschwerden, Zwangs- und Angststörungen, depressive Symptome, Essstörungen sowie schwere suizidale Krisen nahmen erheblich zu. Außerdem verstärkten sich soziale Ängste, sozialer Rückzug, übermäßiger Medien- und Suchtmittelkonsum sowie schulvermeidendes Verhalten. Die COPSY-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien von psychischen Auffälligkeiten betroffen sind. Die Längsschnittstudie untersucht die Auswirkungen und Folgen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Und dabei kommt das Projekt ReFaps ins Spiel. „Im September 2022 ist es an den Start gegangen“, berichtet Kristina Dobers. Der Name entspreche der Zielsetzung, so Dobers. „Kinder, Jugendliche und ihre Familien sollen in ihren Kompetenzen gefördert und gestärkt werden. Dazu informieren und sensibilisieren wir (sozial-)pädagogische Fachkräfte und Familien zum Thema psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Außerdem bieten wir Fortbildungen an. Unsere Angebote sind niedrigschwellig.“ So gehen die Fachkräfte beispielsweise in Kitas und Schulen. „In Kitas arbeiten wir zum Beispiel mit Kuscheltieren. In den Grundschulen benutzen wir Spiele zum Thema Gefühle, worüber die Kinder erkennen sollen wie wichtig Gefühle sind und Gefühle selber ausprobieren können. In den Berufsschulen kommen kleine Tools sowie Glaubenssätze zum Einsatz“, berichtet Dobers. Auch einen Notfallkoffer haben sie dabei, in dem ein Tagebuch enthalten ist. „Darin können sie jeden Tag aufschreiben, was ihnen guttut.“ Dabei beobachtet sie, dass die Arbeit gut funktioniert und sich Kinder und Jugendliche darauf einlassen. „Bei unserer Arbeit wollen wir mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch kommen und wollen eine Schnittstelle sein.“

Ähnlich sind die Themen bei der Arbeit mit Eltern. „Auch mit ihnen kommen wir ins Gespräch und schaffen Entlastung für ihre Kinder“, so Dobers. Häufig sind die Fachkräfte in Elterncafés und sind als Ansprechpartner:innen niedrigschwellig vor Ort. „Hier sprechen wir zum Beispiel über Achtsamkeit und führen Atemübungen durch.“ So beraten und informieren die ReFaps im Stadtteil; sie fungieren als Ansprechpersonen für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Darüber hinaus beraten und unterstützen sie Fachkräfte und übernehmen damit eine Schnittstellen- und Lotsenfunktion. Eine andere Funktion der ReFaps liegt in der Angebots- und Schulungsentwicklung. „Hier bieten wir Schulungsangebote für Fachkräfte in den Quartieren. Und wir initiieren Angebote/Projekte zur Prävention und zur Stärkung der psychischen Gesundheit“, erläutert Kristina Dobers. Eine wichtige Aufgabe ist auch die Kooperation und Vernetzung. Dabei spielt die Mitarbeit in quartiersbezogenen Netzwerkstrukturen eine wichtige Rolle. „Und wir leisten einen Wissenstransfer und arbeiten eng mit anderen regionalen Fachkräften und kinder- und jugendpsychiatrischen Strukturen zusammen“, erzählt Dobers. Am Anfang steht eine Bedarfsermittlung. „Hierbei ermitteln wir Bedarfe über Fachkräfte im Bereich psychische Gesundheit bei Familien und von Beratungs-, Unterstützungs- und Qualifizierungsbedarfen von Fachkräften.“

Die ReFaps sind seit Sommer 2022 in den Bezirken Bremen-Ost, -West, -Süd,-Nord und seit September 2022 in Bremerhaven tätig. Jeweils zwei Fachkräfte arbeiten dort. Das Projekt, das inzwischen verstetigt wurde, wird von der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e.V. (LVG&AFS) koordiniert und fachlich begleitet; auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie des Klinikums Bremen-Ost ist an der Durchführung beteiligt. Weitere wichtige Partnerinnen vor Ort sind Fachkräfte und Institutionen aus den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit (zum Beispiel Schulen, Kitas, Stadtteilzentren bzw. -büros, Häuser der Familien, Beratungsstellen, Quartiersmanagement, Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) Bremen, Freizeitangebote, Hebammen- und Gesundheitszentren). Kristina Dobers freut sich sehr darüber: „Wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten, die zeigen, wie wichtig so ein Angebot für die Kinder und Jugendlichen und deren Angehörigen sowie Fachkräfte in Bremen und Bremerhaven ist.“ Doch die steigenden Herausforderungen sorgen dafür, dass ReFaps an seine personelle Kapazitätsgrenze stößt. „So können wir leider nicht mehr alle Wünsche nach Unterstützung, die uns erreichen, in entsprechender Form beantworten. Beispielsweise bitten viele Schulen um regelmäßige Unterstützungsangebote für ihre Schüler:innen oder die Erziehungsberechtigten, diese können wir nur eingeschränkt umsetzen, obwohl wir versuchen, so flexibel wie möglich auf die Bedarfe zu reagieren“, erklärt Dobers. Nach wie vor bietet das Team um Dobers aber in unterschiedlichen Kontexten Fachvorträge und Workshops für Kinder und Jugendliche oder auch Stadtteilakteur:innen an. Im Westen und im Süden gibt es inzwischen auch ein Beratungsangebot vor Ort.

„Ich halte das Projekt für äußerst wertvoll. Wir bekommen aus vielen Bereichen positive Rückmeldungen und werden auch aus anderen Städten angefragt, dabei zu helfen, wie man ein solches Projekt auch dort umsetzen kann“, sagt Maike Lipsius. Sie ist Psychologin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Klinikums Bremen-Ost. Sie erkennt, dass Prävention ein wichtiger, oft vernachlässigter Bestandteil der Gesunderhaltung von Kindern und Jugendlichen ist, sowohl was die körperliche als auch die seelische Gesundheit angeht. „Daher ist das Projekt richtig und wichtig. Das Besondere an dem Projekt ist, dass wir in den einzelnen Stadtteilen präsent sind und dadurch die wichtigen Akteure, Institutionen und Projekte vor Ort kennen. Das zeichnet uns aus. Zudem sorgt die Arbeit in Tandems mit unterschiedlichen beruflichen Backgrounds dafür, dass wir sehr breit aufgestellt sind und uns den Themen auf unterschiedliche Weise annehmen können.“ Auch Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard unterstreicht die Wichtigkeit dieses Projektes: „Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist klar, dass wir es in Bremen und Bremerhaven mit einer gesundheitlichen Ungleichheit zu tun haben. Die ReFaps ist ein wichtiges Projekt, um gegen diese Ungleichheit anzugehen. Es leistet einen wichtigen Beitrag auf dem Weg in Richtung einer gesundheitlichen Chancengleichheit in unserem Lande. Das Projekt ist in den Quartieren in Bremen und Bremerhaven auf hohe Bedarfe getroffen und schließt dort erfolgreiche Lücken hinsichtlich der professionellen niedrigschwelligen, aufsuchenden Gesundheitsberatung und –-unterstützung.“ Das Projekt ist verortet bei der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. Die Behörde finanziert es mit ca. 620.000 Euro.

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