Beschwerdebearbeitung durch eine Beschwerdestelle, wie sie hier geplant ist, soll am trialogischen Ansatz ausgerichtet sein, was bedeutet, dass Betroffene, Nutzer/Innen, Angehörige und Professioneller einbezogen werden, und sie soll sich an die Prinzipien, die im Rahmen des Projekts Förderstelle für unabhängige Beschwerdestellen der DGSP erarbeitet und festgeschrieben wurden, orientieren. Man soll der DGSP ruhig einen guten Willen unterstellen, was dabei rauskommt, ist ein anderes Kapitel.
Die Beschwerdestelle soll Schnittstelle sein zwischen der Institution und dem Menschen, dem diese Institution nicht gerecht wird (Feststellung der Beschwerde zur Behebung des Missstandes). Nebenbei sollte sie selbstverständlich auch einen Beitrag zur Qualitätsentwicklung und Sicherung abwerfen, damit sich in Institutionen auftretende Probleme nicht dauernd wiederholen und Missstände ab gebaut werden können. Denn: Wenn sich keiner beschweren kann, kann ein Missstand auch nicht erkannt werden (wie zum Beispiel Unverständnis, Demütigung, Beleidigung oder Körperverletzung und Freiheitsentzug). So kann die Beschwerdestelle einen Beitrag leisten zur besseren Behandlung, Einforderung von Rechten und Pflichten im gegenseitigen Einvernehmen, nach Möglichkeitskooperativ und mit unbedingt gewaltlosem Ansatz aller Beteiligten.
Institutionen mit eigenem Beschwerdemanagement sind in der Regel leichter ansprechbar, können ihre Arbeit in Zusammenarbeit mit dem Klientel verbessern, der Umgang mit Beschwerden kann zu einem wichtigen Teil des Versorgungsgeschehens werden, und damit eine Ressource sein, dauerhafte strukturelle Veränderungen einzuleiten. Bis sich jemand beschwert, ihm der Zustand, in dem er sich befindet, als nicht mehr ertragbar erlebt, hat es in den meisten Fällen einen ungeheuren Leidensdruck gegeben, der der Genesung des Betroffenen abträglich war. Eine Wende kann nur durch eine Kenntlichmachung eingeleitet werden: Beschwerde > Prozess der Besinnung > Erkennen und Beheben eines Missstandes.
Die Stelle verfolgt einen vermittelnden Einsatz, der nicht auf eine Eskalation der Beschwerde ausgerichtet ist. Der Rechtsweg sollte vermieden werden, da er langwierig, umständlich, schwer verständlich, nervenaufreibend, frontenverhärtend, arbeitsintensiv und dazu auch nicht unbedingt erfolgversprechend ist. Er sollte aber nicht ausgeschlossen werden. Das weite Feld vor dem Rechtsweg soll durch Unterstützung durch die Beschwerde und Beratungsstelle beim Ausräumen von Missverständnissen beackert werden. Der parteilichen Unterstützung der Beschwerdeführerinnen und deren Aufklärung über Rechte und Beschwerdemöglichkeiten wird höchste Priorität zugemessen.
Eine unabhängige Beschwerdestelle (von wem auch immer), ist und bleibt ein frommer Wunsch, irgendwer hat immer ein Interesse oder muss bezahlen (entweder durch erhöhte Krankenkassenkosten oder durch nicht mehr ertragbares Leid). Stellen wir die Frage außen vor. Auf die Technik kommt es an: Beschwerdeeingang, Kontaktaufnahme, Klärung des Anliegens.
Ist mit einer Beratung geholfen? Erübrigt sich eventuell mit Aufklärung und Einsicht in komplizierte Sachverhalte eine Beschwerde?
Wenn ja, dann hat die Stelle einen ersten Erfolg zu verzeichnen. Die Beschwerde erübrigt sich. Wenn nicht, geht es weiter, und es folgt eine gemeinsame Reflexion über den geeigneten weiteren Beschwerdeweg. Gemeinsam vereinbart man den Unterstützungsbedarf und, nach Absprache, die Kontaktaufnahme gegenüber Dritten. Man tauscht sich aus über den möglichen Zeitpunkt des Beschwerdeschlusses und es erfolgt eine Abfrage des Beschwerdeergebnisses und eine abschließende Qualifizierung. Die Qualifizierung der Beschwerde erfolgt allein auf Grundlage der Rückmeldung der Beschwerdeführerinnen, die positiv oder negativ bewerten und weiter spezifizieren.
Zur Einhaltung und Erreichung geltenden Rechts, Standards und Qualität, bedarf es zur Anerkennung und Durchsetzung, aber auch Kontrolle, eines mächtigen Beirats, der als vielseits anerkannte Autorität den nötigen Hebel bietet, ohne den eine Beschwerdestelle ein zahnloser Tiger wäre. Zum Schluss kommt es auch auf das Geschick und den Einsatz der Mitarbeiter/innen sowie auf den guten Willen aller Beteiligten an, um der Stelle die positive Bewertung durch den Betroffenen in Aussicht zu stellen. Allein dieser Erfolg, auch als therapeutisches Mittel, sollte bei der Arbeit und Einrichtung der Stelle Maßstab sein. Nebenbei haben auch Kassen, Versicherte und Beitragszahler ein Recht auf den ordnungsmäßigen Umgang mit Ihren Geldern, die zur Genesung des Einzelnen eingesetzt werden sollen.
Bleibt zu hoffen, dass diese Beschwerdestelle nicht nur Schmuck am Baum wird und schließlich effektiv die Arbeit aufnehmen wird.