Da knie ich nun – vor ihrem Grab – der weinende hinterbliebene „Held“ – sie hätte es sich so gewünscht: Nun muss ich „liefern“!
Bis zuletzt – am Telefon – habe ich mit dieser/ihrer Unterstellung gerungen/gespielt: den letzten Scherz, den ich mir herausnahm (einst bezeichnete sie mich als ihr „Anti-Depressivum“) war: „Nächstes Mal (während „Corona“) komme ich zu dir ins Heim als Handwerker mit der Bohrmaschine und einer Ladung Vorhänge, welche ich kompetent Richtung deines Zimmers bugsiere, vermeintlich dafür zu sorgen, dass dein Zimmer (welches sie verachtete) ein bisschen wohnlich wird – und um mir selbst nach zwei Jahren Pandemie wieder Zutritt zu verschaffen.“
Sie gab sich ein letztes Mal Mühe, sich von meinen Scherzen erhellen zu lassen, dann rückte sie mit der (letztlich „tödlichen“) Wahrheit heraus: Sie fühle sich so „wackelig“ mittlerweile und versprach im gleichen Atemzug, sich gut am Geländer festzuhalten (der Gemeinschaftsraum lag durch eine Treppe bzw. den Aufzug, den sie nicht mochte, getrennt). Und wir hatten uns ja – nach der Lösung aus unserer Lebensgemeinschaft – versprochen, dass nun ein jeder auf sich selbst aufpasse.
Danach kam alles, wie es langfristig nicht vermieden werden konnte bzw. fahren gelassen wurde. Die Virus-Epidemie, welche eine Reihe von Grabsteinen auf meinem Lebensweg platzierte, war offiziell vorbei – und mein Heldentum ebenfalls und endgültig!
Es war die Chance für einen Entwicklungssprung: Vom „Anti-Depressiva“ Helden zu einer Person, welche den Verlust eines geliebten Menschen annimmt. Ich spürte den Zuwachs an Energie, die durch den Verlust (nach 10 Jahren langem Festhalten) nun frei geworden war: Ich tankte endlich mein Urvertrauen wieder auf und versprach, neue Freiräume und Puffer zu schaffen – anstatt auf die „Autobahn“ zu gehen, um – wie vor 10 Jahren – durchzustarten. Prävention vor Intervention! Nie wieder den Helden spielen (müssen) – weder „Captain Zwielicht“ geschweige denn „Robby mit dem Hut“, welcher die Welt mit einfacher Formel/per Rezept von ihren Leiden und Schmerzen befreien möchte.
Wie war ich da bloß hineingeraten? War nie ein Kämpfer gewesen – stets ein Liebender mit starkem Gerechtigkeitssinn. Niemals hatte eine meiner selbstbewussten Freundinnen und Freunde verlangt/gewünscht, von mir geschützt zu werden. Oft war ich der Stimmungsaufheller mit Tiefgrund – auch gerne Spender guter Gene – allerdings ohne jegliche Alltagstauglichkeit.
Diese völlig ausufernde Geschichte möchte ich mir und anderen gerne ersparen – das amtliche Zwischenergebnis liegt ja nun vor: Ich fühle mich gut behandelt – als eine greifbare, einschätzbare Person, der man so manches zutraut – und die damit – nach 10 Jahren der vermeintlichen Erfolglosigkeit und Passivität – wieder im Leben steht, besser als davor – eine gereifte Persönlichkeit – dem Alter entsprechend!