Warum bin ich eigentlich „so“? Diese Frage stellt sich jeder Mensch doch „zig“ mal im Leben. Als jemand, der ein Hobby hat, welches Online stattfindet, gerate ich immer wieder an meine Grenzen, wenn es um das Thema Kommunikation geht. Klar, in Schriftform kommt alles anders „rüber“ als wenn man es verbal bespricht, aber auch wenn man der Person nicht gegenübersitzt, sondern sie nur über ein Headset hört, kann auch das Missverständnisse mit sich bringen.
Meine Hobbys sind Foren-Rollenspiele und Online Gaming. Beides etwas, was man üblicherweise mit anderen macht und nicht alleine. In Foren-Rollenspielen schlüpft man, wie man sich wohl denken kann, auf einem Forum in die Rolle eines Charakters, den man sich selbst ausdenkt und gestaltet dessen Leben indem man Szenen mit anderen Charakteren schreibt. Hinter den anderen Charakteren stecken natürlich auch Spieler:innen, die das gleiche Hobby haben. Und auch beim Online Gaming, spielt man mit Mitspielern aus der ganzen Welt und manchmal auch gegeneinander.
Mein Kommunikationsmittel der Wahl ist in beiden Fällen der Messengerdienst Discord. Dort kann man einzeln, in Gruppen oder auch auf Servern miteinander schreiben und auch per Headset und Kamera mit anderen Nutzer:innen sprechen. Ich bin so gut wie jeden Abend dort online und rede mit Freund:innen, die entweder beide oder eines der beiden Hobbys haben. Es ist einfach sich auszutauschen, zu planen und auch einfach mal so zusammen Spaß zu haben.
Doch wenn man nur schriftlich miteinander kommuniziert oder sich eben ohne Webcam unterhält, merkt man oft nicht wie Leute etwas meinen. Sätze können unterschiedlich gelesen werden und ich bin sowieso jemand, der sich oft sofort angegriffen und unsicher fühlt, obwohl ich augenscheinlich recht selbstbewusst wirke. Doch Nachrichten wie: Ich muss mal mit dir reden, lösen bei mir sofort Panik aus. Was habe ich verbrochen? Habe ich was Falsches gesagt, oder habe ich mich dumm verhalten? Meine Gedanken fahren Achterbahn und mein Puls steigt ins Unermessliche. Und meistens ist das eigentliche Gespräch gar nicht so schlimm, aber ich mache mich im Vorfeld immer völlig verrückt. Natürlich kann es auch im Gespräch über das Headset vorkommen, dass eine Person mal nicht gut drauf ist und man fühlt sich in einer Gruppe dann vielleicht nicht so willkommen. So einen Fall hatte ich letztens und habe mir dann ein Herz genommen und die Person angesprochen, die einfach privat schlecht drauf war und sich dann entschuldigt hat, dass es falsch rüberkam. Es ist wichtig, dass man in solchen Fällen dann das Gespräch sucht und Missverständnisse aufklärt, aber das ist manchmal gar nicht so einfach. Vor allem nicht, wenn man so unsicher ist.
Auch im Foren-Rollenspiel kommt es manchmal bei Absprachen zu Aussagen, durch die man sich unsicher fühlt. Wenn jemand zum Beispiel sagt, ihm gefiele der Vorschlag und die Thematik der Szene nicht, heißt das ja nicht, dass man allgemein nur doofe Ideen hat und die Person einen nicht mag. Im Onlinebereich werden auch oft „Emoticons“ genutzt und wenn ein Herz oder ein freundlicher Smiley hinter einem Satz steht (wobei ich selbst den normalen Smiley schon oft als passiv-aggressiv ansehe, aber das ist mein eigenes Problem) lockert das alles schon etwas auf. Aber wenn eine Person, die oft „Emoticons“ benutzt, plötzlich keines hinter den Satz setzt, schießen mir sofort Fragen in den Kopf, was ich angestellt haben könnte. Vielleicht wirkt das albern oder überempfindlich, aber als jemand, hinter dessen Rücken schon oft – wissentlich – geredet wurde, läuft mein „Kopfkino“ in solchen Situationen dauerhaft. Und dabei gibt es natürlich nur die heftigsten und dramatischsten Szenarien, in denen ich aus Spielen oder Foren verbannt werde, weil ich sowieso nichts kann.
Komplimente über Spielweisen oder auch über Texte zu Charakteren, kommen mir immer falsch vor. Ich und gute Texte verfassen? Als ob! Der Fakt, dass ich ja bei einer Zeitschrift arbeite und somit sehr wohl in der Lage bin mit Texten umzugehen und auch zu formulieren, sehe ich in dem Moment gar nicht. Mir wurde auch von Mitspieler:innen schon gesagt, dass ich Emotionen meiner Charaktere total gut rüberbringe und sie Tränen in den Augen hatten, weil ich die Situation so gut beschrieben habe, dass dazu Bilder in den Kopf kamen. Tränen in den Augen durch die Worte, die ich geschrieben habe, etwas, das jeden Autoren wahrscheinlich total geehrt fühlen ließe. Aber ich denke dann eher, dass die Tränen wohl kamen, weil die Worte nicht gut genug waren, weil ich eben nicht gut genug bin.
Das gleiche gilt für das Online-Spielen.
Momentan spiele ich Final Fantasy 14 Online, ein Fantasy-Rollenspiel mit einer großen offenen Welt, in der mehrere Klassen und Berufe bespielt werden können. Es gibt ein System in dem man, nach einem Kampf oder einer Instanz, Spieler ehren kann, die am nützlichsten waren und auch ich habe schon Auszeichnungen dafür erhalten. Ich, die von sich denkt, dass sie sowieso die totale Katastrophe im Spiel ist. Aber immerhin habe ich einige Klassen schon auf der höchsten Stufe, was ja auch bedeutet, dass ich wohl irgendetwas richtig mache. Aber nein, mein Kopf sagt mir, das ist alles nur Zufall und die Leute haben nur Mitleid mit mir. Und auf einen Knopf klicken, der eine Auszeichnung im Profil von anderen Spieler:innen hinterlässt, ist doch auch nicht schwer. Aber eigentlich kommuniziert man damit ja auch, dass man gut findet, was die andere Person macht, aber gerade in depressiven Phasen kann ich so etwas nicht annehmen.
Wenn es mir dann mal gut geht und alles leichter scheint, fällt mir auch das Kommunizieren über das Internet leichter. Dann gehe ich an Sachen gelassener ran und nehme auch Komplimente an, aber diese Phasen gibt es eindeutig zu wenig. Und ich war auch früher schon immer jemand, der unangenehmen Gesprächen immer gern aus dem Weg geht und nicht gern zwischen den Stühlen steht. Aber genau zu solchen Situationen kommt es bei solchen Hobbys oft und wenn es um andere Leute geht, stehe ich auch ziemlich hinter den Aussagen bezüglich beider Parteien. Aber wenn es um mich geht, werde ich wieder total ruhig und möchte mich am liebsten verkriechen. Also wie war das noch mit dem Selbstbewusstsein?
Und die Frage „warum bin ich so?“ kann ich mir nicht mal selbst beantworten. Ja, ich habe eine psychische Erkrankung, aber geht es nicht eigentlich auch gesunden Menschen so, dass sie Worte anderer, ob nun verbal oder schriftlich, falsch deuten? Um so etwas zu vermeiden, muss man wirklich genau kommunizieren, wie man etwas meint und das zur Not auch mit Nachdruck. Wenn man unsicher ist, fragt man am besten gleich nach, wie etwas gemeint ist um sich selbst und auch seinen Mitmenschen zu signalisieren, dass etwas missverständlich sein könnte. Herunterschlucken und sich darüber aufregen, dass jemand einen vielleicht nicht mag oder „sauer“ auf einen ist (obwohl das gar nicht stimmt), ist auf Dauer auch nicht förderlich und nimmt nicht nur den Spielspaß sondern stresst auch auf persönlicher Ebene.