Welche Hilfen sind sinnvoll, wenn man sein Leben aufgrund äußerer Anforderungen verändern muss? (Vorläufig) entlassen aus dem Vollzeit-Arbeitsmarkt, der bislang Maß aller Dinge war. Im Außen den Anschluss an sein Inneres finden. Mit dem Wunsch nach Ruhe, Freude und Selbsthilfen für den Alltag, zudem mit eingeschränkter Beweglichkeit an Angebote vor Ort gebunden. Was für Alexandra Evers machbar war, beschreibt sie wie folgt.
Was mir sehr geholfen hat, ist die Recoverygruppe und darüber berichte ich in diesem Beitrag:
Ich erkläre erst einmal den Begriff Recovery, dass jeder weiß, was damit gemeint ist. Recovery bedeutet wörtlich übersetzt „Genesung“. Gleichgesetzt wird der Begriff mit den Worten: Erholung, Besserung, Gesundung, Rettung, Wieder finden, Rückgewinnung, wieder in die Gänge kommen, gesetzt. Recovery bedeutet nicht, dass man einen alten gesunden Zustand wiederherstellt, sondern dass man sich mit sich selber auseinandersetzt, seine Stärken und Schwächen erkennt und für sich zu nutzen weiß. Das Ganze mit dem Ziel, ein zufriedenes und glückliches Leben in Selbstbestimmung zu führen.
Am 28. September ist der Kursus an gefangen. Wir haben uns erst einmal gegenseitig vorgestellt und kennen gelernt. Wir haben Entspannungsübungen gemacht. Ich stelle fest, dass ich in eine sehr sympathische Gruppe gekommen bin. Dann haben uns Frau Trei und Frau Roschen erklärt was uns in diesen Kursus erwartet. Wir sind alle sehr gespannt und gehen weiter zum Kursus. Bevor die Themen angesprochen werden, fragen uns die Leiterinnen wie es uns geht und ob es was negatives oder positives gibt. Nach den Entspannungsübungen fangen wir mit dem heutigen Thema an. Teil Eins war: wie ich bin, wenn es mir gut geht. Ich habe mündlich berichtet, dass ich dann ein kontaktfreudiger und aufgeschlossener Mensch bin. Anschließend kam dann die Frage was ich alltäglich tun muss, damit es mir gut geht. Ich konnte sie sofort beantworten, in dem ich gesagt habe, dass ich an meinem Buch schreibe, bade oder mit Freunden chatte und mit ihnen treffe. Wenn es meine Gesundheit mitmacht, dann fahre ich auch gerne Mountainbike und gehe zum Aqua-Jogging. Die Kursteilnehmer und die Leiter waren sehr überrascht, dass mir soviel eingefallen ist. Die letzte Frage war dann noch: Dinge, die mir helfen mein Wohlbefinden zu erhalten? Da sagte ich, dass ich mich gerne mit Freunden treffe, die mir gut tun und dass ich gerne Spieleabende stattfinden lasse. Ich spiele für mein Leben gerne Gesellschaftsspiele. Zum Schluss gibt es noch eine Endrunde, wo wir erzählen, wie uns der heutige Tag vom Kursus gefallen hat.
Eine Woche später sind wir mit dem Thema: Wohlfühlen, angefangen. Frau Roschen und Frau Trei haben Süßigkeiten und Apfelscheiben mitgebracht. Wir genießen langsam die Köstlichkeiten. Anschließend haben wir erzählt, wie es uns geht und was es negatives und positives zu berichten gibt. Das Thema hieß heute Auslöser. Wir haben wieder einen Zettel bekommen, wo draufstand: Externe Ereignisse, die unangenehme Gefühle hervorrufen, wie Unruhe, Angst, Elend, Entmutigung, Trauer, Verzweiflung und Nervosität. Mir fiel da sofort der Todestag von meiner Mutter ein sowie Weihnachten und Geburtstage. Heute konnte ich zum Beispiel wieder schreiben, was mir beim ersten Mal nicht gelungen ist, weil ich so gezittert habe. Ich fühle mich immer wohler in der Gruppe. Die letzte Frage auf dem Blatt ist, was wir für Ideen und Erfahrungen und was zu tun ist, um die unangenehmen Gefühle nicht zu Symptomen werden zu lassen. Ich habe dazu geschrieben, dass ich dann an meinen Buch weiterschreibe, Musik höre und mit Freunden telefoniere. Nachdem wir die Fragen mündlich beantwortet haben, war der Kursus für den Tag leider schon wieder zu Ende.
Beim nächsten Treffen der Recoverygruppe waren wieder alle da und gespannt, wie es heute weitergeht. Nachdem wir unsere Entspannungsübungen hinter uns hatten, kam das neue Thema. Es hieß: Frühwarnzeichen. Die erste Frage auf dem Zettel war: Die Identifizierung von Zeichen, die darauf hinweisen, dass sich eine Situation verschlechtert. Ich musste erst einmal eine Zeit überlegen und habe Symptome wie Zittern, Kopfschmerzen, Weinen usw. aufgeschrieben. Danach kam dann die Frage, was ist zu tun, wenn diese Symptome auftauchen. Die Antworten fielen mir schon deutlich schwerer, aber ich habe aufgeschrieben, wie ich mich versuche abzulenken z.B. mit meiner Freundin Quizduell zu spielen. Da haben wir alle gelacht über meine Antwort.
Nach den Themen, Wenn Dinge zusammenbrechen und Behandlung, mir noch leicht fielen, kam eine Woche später dann das schwerste Thema: Aufhebung der Selbststigmatisierung. Das bedeutet, dass viele psychisch Kranke die eigene Erkrankung nicht akzeptieren können, da gehöre ich leider dazu. Ich kann mein Selbstwertgefühl nicht immer erhalten und brauche Zeit mir mein Selbstbewusstsein wieder aufzubauen.
Ich schäme mich sehr für meine psychiatrische Diagnose …
und möchte mich meistens am liebsten verkriechen. Es ist erst besser geworden, als ich mir selber bewiesen habe, dass ich auch was kann. Das Thema war so schwer, dass wir zwei Termine davon gemacht haben, sodass jeder zu Wort kam. Ich war weiterhin gespannt, wie es die nächsten Wochen im Kursus weitergeht. Mir gefällt der Kursus sehr gut, weil mich alle so akzeptieren wie ich bin und ich mit den anderen Teilnehmern Meinungen aus tauschen kann. Es gibt immer wieder was Interessantes und auch Neues zu entdecken. Egal wie der Tag auch war, man kommt in dem Kursus zur Ruhe.
Leider war am 30. November der Kursus vorbei. Ich muss sagen, dass ich viel von dem Kursus mitgenommen habe, wie u.a. Verhalten in einer Krise und das Verhindern einer Krise. Wir haben sogar einen Krisenplan zum ausfüllen bekommen, der bei der Gapsy für den Notfall hinterlegt ist. Ich habe auch sehr liebe Menschen im Kursus kennen gelernt, die ich gerne wieder sehen möchte. Vielleicht klappt es ja, dass wir alle in eine Selbsthilfegruppe für Ängste und Depressionen gehen. Das wäre toll. Ich kann den Kursus nur weiter empfehlen, weil da lernt man mit der Krankheit richtig umzugehen und neue Menschen kennen.