Susanne Schrader führt das Theaterstück „All das Schöne…“ nach der Vorlage von Duncan Macmillan im Bremer Theater auf. Das Stück thematisiert den Umgang mit Depression. Ein Kind erlebt, wie seine Mutter sich das Leben nimmt. „All das Schöne…“ ist ein Gegenentwurf zum Nicht-Leben/Aufgeben.
Wie reagiert ein Kind auf den Suizidversuch seiner Mutter? Es schreibt ihr eine Liste mit alldem, was an der Welt schön ist: 1. Eiscreme, 2. Wasserschlachten, 3. Länger aufbleiben dürfen als sonst und fernsehen, 4. Die Farbe Gelb, etc. Das Kind hofft, dass die Mutter die Liste wirklich liest, dass ihre Depression aufhört und das Leben weitergeht. Tut es auch. Aber nicht alles wird automatisch gut. Nicht jetzt, nicht später, als man selbst erwachsen ist, verliebt und sogar vielleicht über eigene Kinder nachdenkt. Immer wieder lauert da eine seltsame Traurigkeit, gibt es Abstürze, peinliche Situationen und Verletzungen. Nur die Liste ist im Laufe der Jahre angewachsen und nähert sich der Million: 999.997. Das Alphabet, 999.998. Unpassende Songs in gefühlvollen Momenten, 999.999. Eine Aufgabe abschließen…
Nach der Vorlage von Duncan Macmillan präsentiert die Bremer Schauspielerin Susanne Schrader das Solostück „All das Schöne“ auf der Bühne im Bremer Theater. Zu Beginn verteilt sie im Publikum zahlreiche Zettel mit Aufschriften wie „Liebe“ oder „Kaugummipapier“ und bindet dann einige Zuschauer:innen ins Spiel ein: zum einen ist da der sanfte Vater, der dem kleinen, neunjährigen Mädchen im Auto während der Heimfahrt vom Krankenhaus, in dem sie gerade die vor dem Suizid gerettete Mutter besucht haben, erklärt, warum er auf die vielen „Warum-Fragen“ seiner verzweifelten Tochter auch keine Antworten weiß. Zum anderen ist dort das Kind, das nicht begreifen kann, warum die Mutter nicht mehr leben wollte und das sich nun hinsetzt, um all die vielen Dinge des täglichen Kinderlebens aufzuschreiben, um der Mutter zu erklären, warum es sich lohnt, zu leben: All das Schöne… zeichnet sie auf.
„Der Regisseur Klaus Schumacher, mit dem ich sehr viele Aufführungen zusammen umgesetzt habe, hat mich vor einigen Jahren angesprochen und erzählt, dass er ein Theaterstück produziert hat, welches er mit mir zusammen auf die Bühne bringen möchte. So bin ich zu dieser Rolle gekommen“, berichtet Susanne Schrader. In dem Stück geht es um die Mutter, die an einer Depression leidet, und sich später das Leben nimmt. „Ich habe auch Menschen in meinem Umfeld, die an einer Depression leiden. Das Thema ist mir nicht unbekannt. Wichtig ist, dass man das Thema ernst nimmt“, so die Schauspielerin. Und dennoch ist „All das Schöne“ kein Stück über Depression. „Es geht vielmehr um den Umgang einer Angehörigen mit der Hilflosigkeit einer depressiven Mutter. Die Tochter, die nicht depressiv ist, hat Angst mit diesem Thema umzugehen und selber depressiv zu werden. So beschäftigt sie sich mit den schönen Dingen und macht sich das Leben selber schön“, erklärt Schrader. „Es ist ein Monolog über ein todernstes Thema, locker und leicht, umwerfend komisch, hinreißend, gänzlich unsentimental“, schreibt „The Guardian“.
Susanne Schrader erklärt die Botschaft des Stückes: „Es lohnt sich, das Leben von mehreren Seiten zu betrachten. Das ist in jeder Lebenslage hilfreich. Und man sollte den Humor nicht vergessen. Es geht um das Leben als Gegenentwurf zum Nicht-Leben/Aufgeben.“ Sie erinnert sich an eine Begegnung mit einer Zuschauerin, die sie wahnsinnig berührt hat: „Viel später, monatelang, nachdem die letzte Vorstellung stattgefunden hat, kam sie im Zuschauergespräch eines anderen Stückes auf mich zu und sagte, `ich hätte ihr das Leben gerettet. Ich war kurz davor, mein Leben zu beenden, und ich habe mich aufgrund des Theaterstücks All das Schöne dagegen entschieden`.“
So wird das Mädchen im Stück älter, studiert, verliebt sich schüchtern und beginnt dann doch recht mutig eines Tages das Gespräch mit einem Kommilitonen, mit dem sie zusammen in der Bibliothek arbeitet. Das Paar tauscht nun Lektüre und Gedanken aus, und eines Tages entdeckt die junge Frau in einem ihrer zurückerhaltenen Bücher ihre Aufzeichnungen von einst: All das Schöne…
Und so verändert Susanne Schrader die Tragik in eine überdrehte, tanzende, überschäumende Verliebtheit, die tausend und mehr Gründe kennt und nennt, warum es sich lohnt zu leben und worin die vielen Kostbarkeiten des Alltags zu finden sind. Folgt auf so viel Lebenslust und Liebesglück, der Heirat, der gemeinsamen Wohnung und der Familienplanung irgendwann der große Knall? Das wirkliche Drama entwickelt sich eher nebenbei: die junge Frau ist schwermütig, zieht sich zurück von der Außenwelt und möchte an nichts mehr teilnehmen, sie trauert. Der Ehemann ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, hat seine Frau verlassen, während die allein in der Trostlosigkeit der Erinnerung an den Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater zurückbleibt. Zu den mittlerweile 999.999 Gründen, warum es sich eigentlich lohnt, dieses Leben zu leben kommt noch ein einziger Grund hinzu – und das könnte der Schlüssel zum Tor des Lebens sein.
Nach dem Stück gibt es viel Beifall für die Mit-Schauspieler:innen aus dem Publikum und Jubel für die Schauspielerin Susanne Schrader.
Die letzte Aufführung findet, am Samstag, den 20. Mai 2023 von 19.30 bis 20.40 Uhr im Theater am Goetheplatz statt.
Tickets gibt es bei der Theaterkasse, Goetheplatz 1 – 3, 28203 Bremen
Tel 0421 - 3653 - 333, Fax 0421 . 3653 - 932
Öffnungszeiten: Mo – Fr: 11 – 18 Uhr und Sa: 11 – 14 Uhr
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