Betroffenes Reden statt betroffenem Schweigen

Vor einiger Zeit las ich einen Artikel in der Zeitung, der mich sehr
nachdenklich machte. Es ging um einen älteren Mann, der seit sieben
Jahren tot in seinerWohnung lag.

Die RWE hatte ihm schon lange den Strom gesperrt, aber alle Anschreiben und Mahnungen führten zu keiner Reaktion des Mannes. Ist natürlich von Toten auch nicht anders zu erwarten. Es gab natürlich
seitens diverser Ämter die üblichen Nachforschungen. Da er jedoch weder bei seinen Nachbarn bekannt war und auch von keinem seiner Verwandten vermisst wurde, erfolgten keine weiterreichenden Nachforschungen. Irgendwelche Bekannte hatte der Mann offenbar schon lange nicht mehr.

Aber wie ist es möglich, dass jemand so völlig in Vergessenheit gerät, dass sogar sein Ableben niemandem auffällt? Das Bedürfnis nach Kommunikation zählt doch zu den Grundbedürfnissen eines Menschen. Kein psychisch halbwegs gesunder Mensch kommt ohne jeglichen menschlichen Kontakt aus. Selbst wenn sich der Kontakt auf den Smalltalk beim Einkauf oder mit Nachbarn beschränkt. Andererseits stellt sich die Frage, worüber soll man mit anderen reden, wenn man aus Geldmangel nichts Erwähnenswertes mehr erlebt? Hinzu kommt bei Vielen in dieser Situation noch die Scham über ihre Lebenslage. Man glaubt ja, die Schuld dafür ausschließlich bei sich selbst suchen zu müssen. Schließlich hat man ja von Kindesbeinen an gelernt, dass das Gesellschaftssystem der „anständigen, arbeitenden Bevölkerung“ gut ist und funktioniert. Jedes Gegenbeispiel ist ein Anlass für unbequeme Fragen. Ein Langzeitarbeitsloser ist aber nun mal ein solches Gegenbeispiel.

Damit werden Schwächen des Systems aufgezeigt, die eigentlich nach einer Lösung schreien. Mit den vorhandenen Mitteln und Methoden ist jedoch eine solche Lösung nicht zu erzielen.

Was liegt also näher, als die Schreie nach Lösung zu überhören?!

Dass dabei Hoffnungslosigkeit aufkommt und der eine oder andere Langzeitarbeitslose dadurch in tiefe Depressionen verfällt, die mitunter bis zur völligen Selbstaufgabe reichen, wird dabei billigend in Kauf genommen. Das Schicksal des Anfangs erwähnten Mannes ist dafür ein Beispiel.

Wenn ich mir aber mal die eigene Lebenssituation als Hartz-IV-Empfänger und 1,-€-Jobber ansehe, so gibt es da gewiss einige Fragestellungen, die zu Depressionen Anlass geben können.