Die Kerze von Katrin stand auf der Fensterbank neben den eingelegten Gurken von Karl. Das flackernde Licht, welches die Flamme erzeugte, spiegelte sich in der leeren Wodkaflasche. Eine Gruppe von bongolesischen Schnabelfischen zog dem Mukabe-Fluss entlang, als in der Shai-Tjen-Provinz Imperator Ling-Pau der Bäurin Flum-Peng hinterherpfiff!
Währenddessen in Köln-Porz! Oma Kalupke stieg die steile Kellertreppe aus Beton hinunter. Sie zog an der Schnur zum Lichtschalter, die Opa Kalupke 1978 von der Toilettenspülung seines Nachbarn und Kupferstechers Heinz geklaut hatte! Heinz hatte nur noch ein Auge. Das andere hatte er im Burenkrieg 1934, beim Versuch eine Dose Tomatenmark mit einer Handgranate zu öffnen, eingebüßt! Oma Kalupke nahm das Glas eingelegter Gurken von der Fensterbank und träumte von Ihrem Urlaub in der Shai-Tjen-Provinz mit Imperator Ling-Pau. Plötzlich drehten sich die Kellerwände vor Oma Kalupkes Augen!
… wenige Stunden vorher …
Thommy schlich über das nasse Kopfsteinpflaster. Seine unbestechliche Nase führte ihn vor das kaputte Kellerfenster von Familie Kalupke! Sein Fell war klitschnass. Was war passiert?
Zum Glück regnete es nicht auch noch. Thommy hatte nach seinem Drogenentzug und mit Hilfe der Selbstfindungsgruppe seine wahre Leidenschaft entdeckt. Er war einer der wenigen Kater, die für den Zoll arbeiteten! Er jagte drogenabhängige Drogenspürhunde. Grobmotorisch wie Thommy der Kater war, zwängte er sich durch das Loch im Kellerfenster. Dabei stieß er die leere Wodkaflasche von der Fensterbank. Die Flasche fiel auf das Sammelalbum über afrikanische Schnabelfische, welches der damals junge Opa Kalupke gesammelt hatte. Es gab zu jeder Packung Butter ein Sammelbild. Der Preis für das volle Album war ein lebenslanger Vorrat an Butter, deren Reste noch heute in den Regalen aus Gipskarton steht. Doch was ist denn jetzt mit Oma Kalupke, und wird Heinz herausfinden wer ihm damals die Toilettenschnur geklaut hat?
Währenddessen im wohlig warmen Wohnzimmer der Kalupkes. Opa Kalupke, in seinem beigen belgischem Ohrensessel sitzend, knickte den oberen Rand der Zeitung ab, um auf die Standuhr zu schauen, mal wieder nicht daran denkend, dass diese seit 38 Jahren hinter dem Ohrensessel stand. Sei´s drum, dachte er … und wo war Oma, die aus dem Keller ein eingemachtes Glas, seiner innig geliebten, australischen Seegurken raufholen sollte.
Rückblick: Seit 52 Jahren waren die beiden nun schon glücklich verheiratet. Nur einmal waren dunkle Wolken über die sonst so traute Zweisamkeit gezogen. Opa Kalupke hatte derzeit durch den Kauf von 1500 250gr.-Packungen Butter der Marke Schmiergena sein Ziel erreicht, das Sammelalbum über afrikanische Schnabelfische zu vervollständigen. Und schon auf dem Boden der 917ten Packung fand Opa Kalupke den eingestanzten Goldcode für eine Reise in die Thai-Jen-Provinz im Nord-Westen Chinas. Na, wenn sich das mal nicht gelohnt hat, dachte er, während er die Butter wieder in die 917 Packungen zurückfüllte.
Opa Kalupke, damals ein junger dynamischer Fischaugenzudrücker in der hiesigen Fischkonservenfabrik, hatte seine Arbeit verloren … und sie auch vier Jahre später nicht wiedergefunden. Um die Familie über Wasser zu halten, hatte Oma Kalupke eine mager bezahlte Tätigkeit in Fredis Fischpinte unten am Hafen angenommen.
Wären da nur nicht die schmierigen Annäherungsversuche von Fredi gewesen, der ständig versuchte, sich ihr in der zwei m² großen Dachbodenküche anzunähern. Oma war deshalb oft neben der Spur, aber zum Glück waren derzeit die Gehwege noch breit genug, um ein paar hundert Meter auf Ihnen fahren zu können (wenn man, wie Oma, mal wieder neben der Spur war).
So kam es, wie es kam – der junge Opa Kalupke verordnete Oma Kalupke die Reise in die Thai-Jen-Provinz nach China, nicht ahnend, was er damit auslösen würde… aber dazu später!
Währenddessen im Keller: Langsam öffnete sich ein schwarzer Vorhang, und legte einen Blick frei auf Thommy den Kater, der gerade an einer halboffenen Packung Butter leckte, die Oma Kalupke bei ihrer Schwindelattacke aus den Regalen zu Boden gerissen hatte! Oma war wieder zu Bewusstsein gekommen.
Was war passiert? Oma Kalupke hatte ausgerechnet das Glas australische Seegurken aus dem Regal genommen, bei dem Opa Kalupke am Vortag schon eine Probeverkostung vorgenommen und nur halb verschlossen zurückgestellt hatte! Opa mochte seine Gurken nämlich pelzig! Was Opa nach Jahren nichts mehr ausmachte, die leicht stechenden Faulgase, hatten Oma Kalupke prompt aus den Pelzlatschen gehauen, als die Gase ihr in die Nase stiegen.
Während im Wohnzimmer alle, außer Opa Kalupke, mit ihrem Brechreiz kämpften, war Thommy hinter der Standuhr friedlich eingeschlafen und träumte vom erfolgreichen Kampf gegen die Drogenpest. Um seine empfindlichen Atemwege zu schonen, hatte er sich mühsam antrainiert, durch den Hintern zu atmen. Plötzlich schellt die Türglocke. Nanu, wer hatte denn über den kleinen roten Backsteinweg, am Teich vorbei, den Weg zu Kalupkes Tür gefunden? Oma Kalupke nutzte die Gelegenheit, den Dunst der Verwesung, den Opas geöffnetes Seegurkenglas immer noch ausströmte, mit frischem Sauerstoff zu entschärfen, und öffnete fröhlich die Tür. Doch dann erstarrte sie innerlich und äußerlich. Dieses hässliche Gesicht hätte sie unter Millionen wiedererkannt.
Es war der immer noch schmierig aussehende Fredi, für den Oma als junge Frau in seiner Dachboden-Fischpinte gearbeitet hatte, und der ihr schon damals unverhohlen immer wieder schmutzige Avancen gemacht hatte. Mit dem Gesicht, in welchem zwischen den unzähligen Falten die Mitesser um die alten Pickelkrater rum diverse Partys feierten, grinste er verschmitzt in Omas Gesicht.
Die entstandene Stille wurde durch das Aufschlagen der ersten Vögel, die betäubt von den sich in der Umgebung verbreitenden Dunstwolken der Seegurken von den Bäumen fielen, unterbrochen. Auch die Ratten im Käfig neben der Tür, welche für die Rechtezucht dort standen, schabten verzweifelt an den Gitterkäfigen, als ginge es um ihr Leben.
Dem aufmerksamen Leser wird jetzt klar, dass Opas Seegurken als biologische Waffe deklariert werden sollten. Doch dann:
Während Oma immer noch in Schockstarre verharrte, ging Fisch-Fredi zielstrebig durch die Dunstwolken auf Opa und Heinz zu und knallte theatralisch ein Häufchen Blätter auf den Stubentisch und schrie: “Hier ihr alten Knacker – jetzt habe ich die Rechte an den Rechten!”
Zum Verständnis:
Nachdem Fisch-Fredi, seine wievielte Fischpinte auch immer, durch das Gesundheitsamt geschlossen bekam und nachdem Heerscharen von Ratten an den Essensresten verendet waren, heuerte er als Smutje auf einem Seelenverkäufer an, der Luftpolsterfolie zur Reparatur nach Kanada schipperte. Dort angekommen, wurde er herzlichst von der Mannschaft für sein gutes Essen verabschiedet. Obwohl ihm bis heute nicht klar wurde, warum er im Schutz von 2 Hafenbeamten durch die Reihen der Matrosen geführt werden musste, die nicht mit massiven Magenbeschwerden und Brechdurchfall unter Deck lagen.
Sie rissen alle die Fäuste hoch und schrien, was Fredi als Zustimmung zu seinen Kochleistungen deutete. Da er nicht Philippinisch sprach, entging ihm, dass neben „Verrecke!“ und „Komm nie wieder!“ noch diverse andere Schimpfwörter gerufen wurden, für die es aber glücklicherweise keine Übersetzung gibt.
In dem Glauben, als Koch die Menschheit nun lange genug beglückt zu haben, startete Fredi in Hollywood mit einem Augenklappen- und Glasaugenverleih für pensionierte Piratendarsteller.