Fängt eine neue Woche nicht meist so an, wie das Wochenende endete? In meinem Fall ist das größten Teils so…
Montagmorgen – Mein Wecker dröhnt mir in den Ohren. „Och nööö“ schnaufe ich, taste mich blind ran, 5min gehen noch, dieses wiederhole ich gerne 3-4 mal.
Nützt nichts, raffe mich auf und schlurfe Richtung Bad. Die Füße verlieren kaum den Kontakt zum Boden, der Kopf und die Schultern sind den Füßen nicht fern. Also aufrecht gehen sieht anders aus.
In Gedanken bei meinem geliebten Fußball- Verein, kann ich noch immer nicht verstehen, wie sie am Wochenende dieses wichtige Spiel verlieren konnten. Das Spiel des Jahres, wo es mehr als um 3 Punkte ging!
Das Derby, gegen den Erzrivalen aus der Nachbarstadt, da geht es um Ehre, Stolz, um einfach alles!
Habe ich das alles nur geträumt? Nein, wir haben verloren und das zu Recht verloren, kaum Kampf und Moral, 1:3 verloren, so ein Mist!
Ach herrje, nun muss ich das Haus verlassen und alle werden mich darauf ansprechen, durfte ich mir doch schon über Internet und Handy genug Hohn und Spott gefallen lassen. Noch gar nicht ganz auf der Arbeit angekommen, fliegen einem schon die ersten Spitzen entgegen, wie: „Tolles Wochenende gehabt?“, „Das war wohl nix“ oder einfach nur ein gehässiges „ha ha ha“. Nur die wenigsten finden ein paar tröstende Worte oder Gesten.
Gerade in solchen Situationen sage ich mir selber immer: „Mensch ist doch nur Fußball“. Aber für einen richtigen Fan ist es einfach soviel mehr. Man steckt Woche für Woche all seine Emotionen, Energie, Vorfreude und auch Geld in dieses Hobby. Dieses Gefühl, was man kaum beschreiben kann, als hätte einen der Partner, die Familie oder ein Freund einen enttäuscht. Ist so ein Verhalten überhaupt normal? All diese Gedanken kommen mir immer wieder, besonders nach solchen schmerzhaften Niederlagen.
Von Tag zu Tag beruhigt man sich langsam. Die Medien greifen endlich neue Themen auf, so dass man nicht ständig daran erinnert wird und man fängt an, sich auf das nächste Spiel zu konzentrieren.
Ab Mitte der Woche wird der Wecker nur noch 1-2 weiter gestellt und auch die Füße erheben sich wieder vom Boden, sobald der Tag startet. Es wird recherchiert, wie steht es um die Mannschaft, wer hat sich verletzt, sind aktuell Verletzte wieder fit oder im Aufbau. Was gibt es sonst neues? Jede Zeitung, jedes Onlineportal wird studiert und auch der kommende Gegner wird genauestens mit denselben Punkten unter die Lupe genommen. Alles kann sich in Sekunden ändern, also wird dieses mehrfach täglich wiederholt bis zum Anpfiff.
Samstag – Heute ist es wieder so weit. Das nächste Spiel steht an. Aufgeregt startet der Tag. Hausputz, Einkauf und sonstiges muss bis spätestens 15 Uhr erledigt sein. Alle Anfragen, ob ich Samstagnachmittag Zeit hätte, werden mit „auf keinen Fall“ beantwortet. Die meisten wissen dieses aber auch und würden sich nicht mal trauen, mich anzurufen oder zu besuchen.
15:30 Uhr – die Prime Time beim Fußball, es ist soweit! Die Mannschaften kommen aufs Feld, der Bauch kribbelt. Heute muss es klappen! Sieht doch eigentlich ganz gut aus. 20. Minute: die gegnerische Mannschaft geht in Führung. Ich springe von meinem Sofa, brülle vor mich hin, das darf doch nicht wahr sein. Wie kann man nur so einen Fehler in der Abwehr machen? Aufgewühlt bewege ich mich nervös auf meinem Sofa, zur Beruhigung hilft mit jetzt nur eine Zigarette. 29. Minute: „TOOOOOOOR“, jubelnd springe ich durch mein Wohnzimmer, es steht 1:1. Gott sei Dank, alles wieder drin. Halbzeit, schnell wird der Toilettengang erledigt, ob man muss oder nicht, außerdem wird noch ein frisches Getränk und etwas zu knabbern parat gestellt. Weiter geht’s, jetzt machen wir sie platt, so meine innerliche Kampfansage. Mit Spannung wird jeder Ballkontakt beobachtet, jeder Fehlpass macht mich rasend. 59. Minute, ich schlage mir die Hände vors Gesicht, der Gegner geht schon wieder in Führung.
Ach Mann, ich hasse Fußball, macht doch echt keinen Spaß mehr. Wie ein bockiges Kind verfolge ich mit verschränkten Armen den weiteren Spiel-verlauf. 65. Minute: „TOOOOOOR“, „JAAAAA“, ich dreh durch, es steht 2:2. Ha, ich liebe meinen Verein. Fußball ist einfach toll! 25 Minuten noch, kommt Jungs, eins schafft ihr noch.
Ich singe vor mich hin: „Einer geht noch, einer geht noch rein“. Die Zeit vergeht viel zu schnell und anstatt Chancen für uns, nur welche auf der anderen Seite. Ich werde immer nervöser, ich will diesen Sieg unbedingt. Immer wieder muss ich tief durchschnaufen, bitte, bitte macht doch noch ein Tor. 89. Minute, das Spiel ist gleich vorbei und Nachspielzeit gibt es auch nur 2 Minuten. Toll, nur einen gammeligen Punkt gegen so eine Gurkenmannschaft. Meine Mannschaft stürmt aufs Tor zu. Es ist die 90. + 1 Minute, Latte, „NEIIIIIIIN“, dann kommt der Nachschuss, „TOOOOR“. Nichts hält mich mehr, ich tanze durchs ganze Wohnzimmer, habe Herzklopfen vor Freude, als wäre ich frisch verliebt. Aus, aus das Spiel ist aus, mein Verein hat gewonnen, den Siegestreffer durch meinen Lieblingsspieler, mein Held! Das ist so toll, ich bin soooo stolz auf meine Mannschaft.
Montagmorgen – mein Wecker ertönt mit schöner Musik. Ich recke und strecke mich zufrieden und bemerke das Lächeln in meinem Gesicht. Fröhlich pfeifend begebe ich mich ins Bad mit dem Gedanken: “Das wird eine tolle Woche”, Fußball ist für mich nicht nur Sport, es ist meine Liebe, meine Religion!