Autor:in: Volker Althoff

OBEON – bietet passgenaue Hilfe

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OBEON, das ist die Abkürzung für Orientierungshilfe und Beratung online. Dieses Angebot ist für Menschen in seelischen Belastungssituationen und Menschen mit psychischen Erkrankungen, sowie ihre Angehörigen und Bezugspersonen. Im September 2023 ist das Projekt an den Start gegangen. Das Angebot wurde von Betroffenen, Angehörigen und psychosozialen wie psychiatrischen Fachkräften gleichberechtigt entwickelt. Dieser inklusive Ansatz ist besser bekannt als Trialog.

Das Bundesministerium für Gesundheit fördert das Pilotprojekt. Zum Ausgangspunkt erklärt Tina Lindemann, Projektmanagerin: „In Deutschland gibt es viele Einzelangebote zur Onlineberatung, die jedoch kaum mit regionalen Hilfeangeboten und nur teilweise mit der Möglichkeit zu persönlichen Beratungen verknüpft sind. Die Projektidee beruht auf der Einschätzung, dass die durch die Pandemie bekannter gewordenen und stärker genutzten digitalen Möglichkeiten eine neue und erweiterte Chance zur Erreichbarkeit von Hilfen in seelischen Krisen bieten.“ Durch die Corona-Pandemie haben die seelischen Belastungen in der Bevölkerung zugenommen. Gleichzeitig sind die Wartezeiten für therapeutische und medizinische Hilfen lang. Häufig fehlt es an zeitnaher und wirkungsvoller Unterstützung. Und genau da setzt OBEON an. Die digitale Beratungsstelle ist bundesweit besetzt und zunächst an Werktagen von 9 bis 22 Uhr erreichbar. Hilfe, Beratung und Unterstützung gibt es mit und ohne Termin.

Tina Lindemann erklärt: „Wir wollen mit obeon den gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Digitalisierung aufnehmen und den Menschen flexible, anonyme und kompetente Beratung ohne Barrieren und ohne zeitlichen Vorlauf anbieten.“

Der Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. will das Pilotprojekt gemeinsam mit Nutzer:innen und Kooperationspartner:innen aus dem sozial- und gemeindepsychiatrischen Bereich bis Ende 2025 durchführen. „Das Projekt soll als ein niederschwelliges, online-gestütztes persönliches Beratungs- und Kriseninterventionsangebot mit gemeindepsychiatrischer Kompetenz als ein erster Ankerpunkt für Menschen in seelischen Belastungssituationen und ihrer Angehörigen und Freunde aufgebaut werden“, erklärt Lindemann.

„Das Beratungsangebot wird von Erfahrungsexpert:innen, Angehörigen sowie von sozialpsychiatrischen Fachkräften über eine datensichere, barrierefreie virtuelle Beratungsstelle stattfinden. Es soll durch eine Vielzahl an Medien per Chat, E-Mail und/oder Video zu designierten Beratungszeiten oder per Terminbuchung angeboten werden“, so die Projektmanagerin.

Bei Wunsch kann die Vermittlung an regionale gemeindepsychiatrische Dienste (Experten/Kerngruppe), die im Bedarfsfall wiederum an passgenaue Hilfen in der entsprechenden Region weitergeleitet werden können, erfolgen. Tina Lindemann erklärt den weiteren Prozessablauf: „Es soll ein Berater:innenpool je nach Ressourcen aufgebaut und gepflegt werden. Ferner soll eine funktionierende Netzwerkstruktur der beteiligten Träger zum Aufbau und zur Pflege des Berater:innenpools aufgebaut werden. Dabei schafft der Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. (DVGP) Grundlagen und Rahmenbedingungen des Netzwerks und unterstützt die beteiligten Mitglieder. Abschließend sollen die benötigten Ressourcen ermittelt werden, um den Betrieb der Onlineplattform nach Projektende nachhaltig sichern zu können.“

Mitarbeitende der Sozialpsychiatrischen Dienste, der Gemeindepsychiatrischen Verbünde und Vertreter:innen der Angehörigenselbsthilfe sind wünschenswerte Kooperationspartner:innen und sollen im Projektverlauf erprobt werden und später eventuell in ihren Regionen weitere Partner:innen gewinnen. „Ressourcen mit ihren Beratungskapazitäten und ggf. mit spezialisierten zielgruppenspezifischen Kompetenzen bilden einen wichtigen zusätzlichen Mehrwert des Projekts“, erklärt die Projektmanagerin Tina Lindemann. Ähnliche und ergänzende oder zu integrierende Onlineprojekte und Beratungen sollen vernetzt und einbezogen werden.

Einer, der im Team von OBEON mitarbeitet, ist Andreas Schäfer-Hockmann aus Bremen. Er ist über seinen Arbeitgeber, der Bremer Werkgemeinschaft auf das Projekt aufmerksam geworden. „Ich wurde gefragt, ob ich daran teilnehmen würde. Ich habe da gerne zugesagt, da ich schon sehr lange dafür plädiere, ein Chatangebot – auch im Krisentelefon – zu etablieren, um gerade jüngeren Menschen in schwierigen Situationen ein ihrem Alltag übliches Medium anbieten zu können“, erklärt Schäfer-Hockmann. Er gehört zum OBEON-Beratungsteam Sozialpsychiatrische Fachkräfte und ist somit in der Online-Beratung tätig. Überdies tauscht er sich mit dem Team aus und beteiligt sich auch durch Fragen an das Evaluierungsteam an der Entwicklung. „Ich finde die Idee, Online-Beratungen anzubieten, sehr wichtig und in heutiger Zeit notwendig. Gerade für junge Menschen. Für Menschen ohne viele sozialpsychiatrische Angebote in ländlich gelegenen Regionen und Menschen in isolierten Situationen, ob nun krankheitsbedingt oder durch andere Lebenssituationen bedingt, kann dieses Angebot eine große Hilfe sein“, so Schäfer-Hockmann.

OBEON wird wissenschaftlich begleitet und hinsichtlich der Struktur- und Prozessqualität evaluiert. Als Technik wird ein modulares, barrierefreies, CMS basiertes Online- und Beratungsportal benutzt, welches skalierbar und individuell ausgerichtet ist.

Auf einer Homepage soll das Projekt erklärt werden und durch Social Media-Kanäle wie Instagram, Facebook oder LinkedIn soll es an die Öffentlichkeit weitertransportiert werden. Zusätzlich wird es eine Blogseite geben, Newsletter werden verschickt und Gastbeiträge können erstellt werden. Auf Messen oder Kongressen soll OBEON präsentiert werden und Werbematerial wie Flyer und Broschüren sollen verschickt werden.

„Durch den flexiblen Einsatz der unterschiedlichen Medien können Mitarbeitende schnell und unkompliziert auf verschiedene und veränderte Bedürfnisse eingehen. Außerdem haben Mitarbeitende in den Beratungsstellen durch die Flexibilität erweiterte Möglichkeiten, die Beratungspraxis zu organisieren und die Prozessgestaltung individuell und schnell vorzunehmen“, erläutert Lindemann. Darüber hinaus ermöglicht die digitale Beratung für Mitarbeitende schnellere Interventionsmöglichkeiten und kann auch zur Entlastung der Fachkräfte beitragen. „Für Träger liegt der Vorteil darin, dass das Angebot attraktiv ist und neue Fachkräfte gewonnen werden können. Außerdem ist die Beratung im Rahmen des flexiblen mobilen Arbeitens (Homeoffice) ein zusätzliches, attraktives Angebot zur Fachkräftegewinnung und -bindung und kann die Ressourcenschonung und effektive Organisation von zeitlichen und personellen Ressourcen unterstützen“, benennt Lindemann. Letztlich haben Mitarbeitende in Beratungsstellen durch die neugewonnene Flexibilität zusätzliche Möglichkeiten, ihre Beratungspraxis zu organisieren und die Prozessgestaltung individuell und schnell vorzunehmen.

Das Bundesministerium für Gesundheit übernimmt aufgrund eines entsprechenden Bundestagsbeschlusses die Kosten. Tina Lindemann und ihr Team setzen alles daran, in den kommenden Jahren weitere Partner zu gewinnen, um das wichtige Angebot langfristig zu sichern. Auch an einer Ausweitung der Beratungszeiten auf das Wochenende und Feiertage wird gearbeitet.

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