Anmerkungen von Wolfgang Rust, Geschäftsführer des ASB Seelische Gesundheit
Die Bremische Bürgerschaft hat mit den Stimmen aller Parteien im März 2013 beschlossen, die Psychiatriereform in Bremen fortzuführen – ich würde sagen, nach längerem Stillstand wieder in Gang zu bringen – und dem Senator für Gesundheit den Auftrag zu erteilen, regelmäßig über den Fortgang zu berichten. Dies ist mit dem Bericht für die staatliche Deputation für Gesundheit am 20.03.2014 erstmalig geschehen.
Grundlage des Berichtes ist eine zweijährige intensive Diskussion grundlegender Aspekte der weiteren Entwicklung, an der Vertreter aller Akteure (Leistungserbringer, Kostenträger, Senatsbehörde, Psychiatrieerfahrene und Angehörige) beteiligt waren.
Anders noch als beim Landespsychiatrieplan 2010, der aus unserer Sicht (und aus der Sicht der Krankenkassen) für die Umsetzung eine zu starke Klinikzentrierung vorschlug und den Bestand an vollstationären Klinikbetten mehr oder weniger kommentarlos referierte, konnte durch diesen Prozess viel Konsens hergestellt werden. Hilfreich dabei war sicher, dass es gelungen war, Informationen über die Entwicklung in anderen Bundesländern in den Meinungsbildungsprozess einzuspeisen. Auch die Positionierung des Gesundheitssenators zugunsten eines deutlichen Bettenabbaus förderte die Bereitschaft der kommunalen Kliniken, mit den bereits ambulant tätigen Leistungserbringern über gemeinsame Modelle nachzudenken.
Genauso berechtigt wie die Kritik an der Klinik ist unter der Formulierung „Institutionalisierung statt Normalisierung“ die Kritik am umfassend „betreuten Leben“. Hier sind die ambulant tätigen Träger, die lebensweltnahe Unterstützungsformen auch in ihrer Kritik an der Klinik fordern, selber gefordert, ihr wachstumsorientiertes Handeln zu überdenken und stattdessen Beiträge zu leisten, die das Thema seelische Gesundheit in die Mitte der Gesellschaft holen. Dieser Abschnitt des Berichtes
(be-)trifft uns zentral, und er ist besonders gut gelungen, auch wenn das für manch lang gediente Mitarbeiter/innen irritierend ist.
Was tut die ASB Gesellschaft für Seelische Gesundheit ?
Der konsequente Ausbau ambulanter Behandlungsangebote nach dem Sozialgesetzbuch V, einschließlich einer engen Kooperation mit Bremens größtem SGB-V-Träger GAPSY und der Nutzung der therapeutischen Kompetenz des (Nicht-Psychiatrie-) Trägers impuls e.V.wird im Projekt Rathausplatz 1 in den nächsten Jahren zu ganz neuen Möglichkeiten führen. Zu diesem Konzept gehört auch die bei Menschen mit längerem Bedarf an Unterstützung notwendige Verbindung von Behandlungsleistungen nach dem SGB V und Betreuungsleistungen nach dem SGB XII (Eingliederungshilfe). Für die ambulante Intensivversorgung von Menschen in schweren Krisen auch die Klinik zu gewinnen, ist Teil des Konzeptes – wohl wissend, dass der mit Abstand größte Teil der gesamten Ausgaben bisher über die Belegung von Klinikbetten erfolgt.
Die Zusammenarbeit mit Trägern im Stadtteil, die sich um Langzeitarbeitslose, Jugendliche, Familien kümmern, die im Bereich Bildung und Kultur tätig sind wird weiter ausgebaut und hat natürlich das Ziel, Menschen in Lebenssituationen zu erreichen, in denen die seelische Gesundheit bedroht ist (oder besonders gut gefördert werden könnte), bevor sie eine „Psychiatriekarriere“ starten. Das ist unser Beitrag zu dem Prozess, der mit dem Begriff „Inklusion“ benannt wird.
Der im Bericht geforderte Ausbau von Beschäftigungsangeboten ist seit Jahren einer unserer Schwerpunkte, die im Vergleich zu anderen Betreuungsangeboten gleichrangige finanzielle Ausstattung wird diesen Prozess voranbringen. Dass gerade über die geförderte Beschäftigung viele Menschen mit Psychiatrieerfahrung den Weg als ASB-Mitarbeiter/innen gefunden haben, verdient besondere Erwähnung.
Fazit: Der vorgelegte Bericht der Gesundheitsbehörde entspricht in allen wesentlichen Forderungen der Firmenpolitik der ASB Gesellschaft für Seelische Gesundheit in den nächsten Jahren.