Ständiges Wachstum ist das Grundelement des Kapitalismus. „Mehr Mehr Mehr“ lautet die Devise. Dieses lehnen viele, zu Recht, ab. Qualität sollte immer vor Quantität gehen.
Trotzdem lässt sich für das Zwielicht festhalten: Es ist immer größer geworden (auch wenn wir uns weiterhin „nur“ zweimal die Woche für maximal zwei Stunden zusammensetzen und die Anzahl der RedakteurInnen nicht mehr geworden ist, auch weil wir ein Limit an dieser Stelle haben, damit wir gut miteinander arbeiten und vor allem kommunizieren können).
Ist das jetzt gut oder schlecht? Wir als Redaktion haben den Eindruck, als sei das Wachstum der Ausdruck von einem „schönen Mehr“. Ein „Mehr“, dass durch eine zunehmende Verbreitung entstanden ist, die wiederum eine stärkere Resonanz ausgelöst hat. Ein Ergebnis davon ist, dass wir immer mehr Artikel von „außen“ erhalten. Immer mehr Menschen entdecken, dass das Zwielicht eine Plattform ist, in der ganz verschiedene Stile und Themen Platz finden. Und – immer mehr reift die Redaktion selber, hat sich geübt im kleinen ABC des Journalismus und traut sich immer mehr zu. Vor allem, wenn es darum geht, aus unserer Sicht „wichtige“ Themen aufzugreifen, Tagungen zu besuchen oder über Kongresse zu schreiben. Dabei sind wir aber auch ständig in der Gefahr, uns selber zu überfordern. Wir werden wahrgenommen als Zeitschrift, die aktuelle sozialpsychiatrische Entwicklungen aufgreift. Damit entsteht schnell ein Anspruch (auch an uns selbst), den wir aber nicht immer halten können. Mehr als einmal saßen wir in der Redaktion da und waren uns einig, dass dieses oder jenes ein spannendes, wichtiges, notwendiges Thema sei, über das wir berichten sollten. Aber auch mehr als einmal stellten wir dann fest, dass keiner aus der Redaktion momentan in der Lage ist, dieses auch zu tun. Unser kleines ABC des Journalismus heißt eben auch immer wieder, dass wir Zeit brauchen. Jeder für sich. Jedes Interview. Jede Recherche. Jeder Artikelentwurf. Jede Überarbeitung. Jeder Konflikt. Und wir müssen uns diese Zeit geben. Tun wir das nicht, spüren wir das sofort, indem der Stress zunimmt, Redakteure nicht da sind, Artikel wegbrechen und die Stimmung schlecht wird. Die Zwielicht-Zeitungsarbeit ist auch nach diesen ganzen Jahren, in denen es uns gelungen ist, kontinuierlich jedes halbe Jahr eine Ausgabe herauszubringen, immer noch ein sehr labiles Gebilde. Und gerade weil es so ist, erleben wir immer wieder Glücksgefühle, wenn wir es geschafft haben, wenn wir mit einer Lesung die neue Ausgabe vorstellen und damit ein kleines Fest feiern. Dann sind wir froh und stolz, zumal die Rückmeldungen häufig sehr positiv sind.