Die Werbung von einer der größten Singlebörsen kennt so gut wie jeder. Schließlich prangt sie uns ja auch von allen möglichen Plakatwänden entgegen. Und wenn man sie davon nicht kennt, dann wird man im Fernsehen von unglaublich attraktiven Frauen und Männern verführt, die Webseite zu besuchen. Denn unsere Traumpartner parshipen jetzt. Ganz klar wird hier ein Traum verkauft. Der Traum davon, nicht mehr alleine durch‘s Leben zu gehen – mitunter eines unserer tiefsten menschlichen Bedürfnisse. Wenn’s mit der Partnersuche nicht läuft, scheint jeder einen Tipp zu haben. Dann kommen von Freunden und Familie so sinnvolle Ratschläge wie: “Du musst erst dich selbst lieben, dann wird das schon von ganz alleine” oder “Der Richtige” kommt schon, wenn du nicht mehr danach suchst.” Wenn man als emanzipierte Frau dann darauf hinweist, dass noch nie im Leben etwas einfach so auf einen zugekommen ist, dann gehen dem Gegenüber oftmals doch langsam die Floskeln aus und es wird eingeräumt, dass es ja nicht schaden könnte, mal auf einer Singlebörse vorbeizuschauen. Allerdings nur mit dem Nachsatz “Aber bloß nicht verkrampft suchen!” Ich persönlich habe schon so einige kostenlose Singlebörsen ausprobiert. Aber da braucht man echt ein dickes Fell. Die Leute dort haben nicht immer die besten Manieren, und wenn man nicht darauf eingeht, was das gegenüber gerade von einem will, bekommt man oft bitterböse Beschimpfungen an den Kopf geschmissen. Klar sollte einen sowas nicht treffen. Aber auch wenn es nur ein fremder Idiot ist, der einem schreibt, dass man so hässlich ist, dass man der Männerwelt einen Gefallen täte, wenn man sich umbrächte, tun solche Kommentare einfach weh. Das ist die dunkle Seite der kostenlosen Singlebörsen. Nichtsdestotrotz kann man auch dort nette Menschen kennenlernen. Es ist halt nur eher selten. Menschen, die dann einfach nicht zum Date erscheinen, scheinen gegenüber dem Rest dann fast noch wie höfliche Leute. Als ich im letzten Jahr dann jemanden kennenlernte, der beim ersten Treffen nett und charmant wirkte, sich dann aber als versuchter Mörder auf Freigang entpuppte, war es mir genug mit den kostenlosen Singlebörsen. Familie, Freunde und Therapeuten lagen mir eh schon lange in den Ohren, dass kostenlose Singlebörse eh nur schaurige Gestalten anzögen. Deshalb biss ich in den sauren Apfel und meldete mich nach langem Hin und Her bei der Webseite an, bei der sich schon in 11 Minuten mein Traummann finden lassen könnte. Denn ich war mir sicher, dass ich dort zumindest keinen Gefängnisinsassen daten würde. Denn wie soll der die rund 400 € überhaben? Außerdem hätte der bei der Singlebörse keine Chance. Denn dort gibt es keine Nicknames, die man sich einfach aussuchen kann. Nein, dort ist man kein Mensch mit einem Namen, dort ist man sein Beruf. Und ich glaube nicht, dass meine Bekanntschaft aus der kostenlosen Singlebörse so gute Karten hat, wenn er „Versuchter Mörder“ dort angibt. Naja, zumindest wüssten dann die Frauen gleich Bescheid, worauf sie sich einlassen. Nein, Scherz beiseite. Das hat natürlich alles System. Ein, wie ich finde, sehr diskriminierendes und Menschen verachtendes System. Es störte mich, dass ich dort auf meinen Beruf reduziert wurde. Wenn ich jemanden anschrieb, stand da: “Mediengestalterin, 32, interessiert sich für dich”. Ich denke, das hat ganz klar was mit Status und Geld zu tun. Denn bei der Anmeldung kommt man nicht drum herum, sein Jahresgehalt anzugeben. Das kann man dann auch gleich bei der Partnersuche nutzen, um mögliche Partner nach Finanzlage auszusortieren. Ganz einfach mit aktiviertem Filter “Gleiches Gehalt”. Das finde ich alles schon nicht besonders nett, aber man kann den Filter zumindest deaktivieren. Was man nicht kann, ist, seinen Beruf in “Arbeitslos” ändern. Klar, das wäre für die meisten nicht sonderlich attraktiv, aber wenn es nun mal so ist, sollte man doch auch als Mensch ohne Arbeit die Chance haben, ohne gleich am Anfang lügen zu müssen, die Partnersuche zu beginnen. Wenn man sich damit abgefunden hat, so auf den Beruf reduziert zu werden, kann man anfangen, Bilder von sich hochzuladen. Der Anbieter ist so nett, die Bilder gleich zu verpixeln, damit bloß keiner einen dabei erwischen kann, dass man eine Singlebörse benutzt. Zumindest gibt der Anbieter das als Sicherheit und Datenschutz an. Für den einen oder anderen mag das sicher auch beruhigend wirken. Mir im Gegensatz dazu bereitet es nur Qualen. Es ist doch nun mal so. Wir sind nun mal nicht alle Topmodels, und ich bin definitiv auch keines davon. Dennoch wünsche ich mir einen netten Partner an meiner Seite, der mich zu schätzen weiß. Mein Selbstbewusstsein ist auch nicht das beste, und Ablehnung tut mir weh. Ich denke, das ist nichts Besonderes. Bei besagter Singlebörse wird mein bisschen Restselbstbewusstsein auf fiese Art und Weise strapaziert und zu allem Überfluss habe ich dafür auch noch echt viel Geld bezahlt. Die Männer dort haben zwar generell etwas nettere Dinge zu sagen als bei den kostenlosen Apps, aber mehr Manieren haben sie scheinbar auch nicht. Auf der Singlebörse ist es so, dass die Fotos des Gegenübers solange verpixelt sind, bis man sie freigibt. Das bedeutet, man schreibt jemanden an, von dem man gar nicht weiß, ob man ihn optisch attraktiv findet. Wir wissen ja alle, dass die inneren Werte mehr zählen … blabla … die Realität ist eine andere, und das wird hier sehr schnell klar. Wer nicht gefällt, wird gleich “verabschiedet” – das bedeutet, dass der Kontakt gelöscht und blockiert wird. Man hat sogar vier verschiedene vorgefertigte Abschiedstexte, aus denen man auswählen kann. Die Netiquette ist also gewahrt. Im Alltag bedeutet dies, dass ich ständig damit umgehen muss, dass ich aufgrund meines Äußeren abgelehnt werde. Mir wäre es da ehrlich gesagt lieber, wenn die Männer, die mich nicht attraktiv finden, gar nicht erst anschreiben würden. Das wäre weniger schmerzhaft als eine Abfuhr nach einem eigentlich guten Anfangsgespräch. Ohne die Möglichkeit zu haben, noch darauf zu reagieren, weil, “verabschieden” heißt ja blockieren. Ich finde es wirklich sehr bedenklich, wenn wir Menschen es lernen, dass es okay ist, so miteinander umzugehen. Die Anonymität des Internets trägt immer mehr dazu bei, dass wir uns nicht mehr wie Menschen verhalten. Wir bekommen vorgefertigte Abschiedssätze; wir können blockieren, wenn uns was nicht gefällt – und am Ende geht es nur darum, Geld zu machen. Denn ich bin mir sicher, dass viel weniger Menschen so viel Geld für eine Partnerbörse ausgeben würden, wenn dort Bilder von echten Menschen als Werbung genutzt würden. Würde Parship die Bilder ihrer wahren Mitglieder nicht verpixeln, so könnten sie nicht mehr die Illusion und den Traum von einem perfekten Partner für 400 € verkaufen. Ob dabei Seelen von netten Menschen zugrunde gehen, die sich einfach nur einen netten Partner wünschen, scheint dabei egal zu sein. Nichtsdestotrotz liegt ja auch noch etwas in unseren eigenen Händen. Wir selber können entscheiden, wie wir mit anderen Menschen umgehen – ob wir höflich antworten und zurückschreiben oder ob wir es uns einfach machen und die Leute mit einem Klick “verabschieden”. Denn ich bin mir sicher: Das Konzept von Parship können wir nicht ändern – aber wir können uns dazu entscheiden, uns selbst und unsere Manieren nicht zu verlieren.