Autor:in: Veronika Gaspert

Eine Stufe ist nicht keine Stufe

Es ist kein Geheimnis, dass der Wohnungsmarkt bescheiden aussieht. Ich selbst war mehrere Jahre auf Wohnungssuche. Sie soll stufenlos zugänglich sein. Ob in der Wohnung kleine Stufen sind, ist mir egal. Solange ich ohne Treppen in die Wohnung und an die Waschmaschine komme und keine Stufe meinen Weg in die Dusche verhindert, ist alles in Ordnung. Obwohl es dafür Normen gibt, tun sich anscheinend viele Menschen wirklich schwer damit, was die Suche für mich ermüdend macht. Wenn Ver- oder Vormieter:innen denken, dass eine Stufe keine Stufe ist und die Wohnung deshalb als stufenlos inserieren, ist das verdammt ermüdend. Wenn ein Haken bei bodengleicher Dusche steht, ist es nicht fair, eine Badewanne vorzufinden. Wenn die Wohnung selbst zwar stufenlos, der Weg zum Haus aber nicht mal so breit wie mein Rollstuhl ist, kann ich auch gleich in ein Gewächshaus ziehen.

Ich denke, kaum jemand kennt die DIN 18040. Sie ist zum größten Teil insbesondere bei Neubauten (öffentliche und private) aber auch bei Veranstaltungen gesetzlich verankert und regelt die Bedingungen für Rollstuhlfahrende, Gehörlose/-geschwächte, und Blinde Menschen. Wie viel Platz wo sein muss, wie viele Abstände etwas braucht, wie viele barrierefreie Zimmer Hotels haben müssen und wie sie aufgebaut sein sollen. In Außenanlagen geht es primär um Leitlinien und andere Bodenindikatoren. Auch der Brandschutz und andere Sicherheitsbestimmungen für Menschen mit Behinderung werden in der DIN geregelt. Laut der Norm müssen Aufzüge bestimmte Größen, Sanitärräume bestimmte Anordnungen und Höhenabstände erfüllen und Rampen dürfen eine Steigung von 6% nicht überbieten. Ist – aus welchem Grund auch immer – nicht jede Bedingung umsetzbar, gibt es dennoch Abstufungen. Teilweise barrierefrei, oder „nur“ rollstuhlgerecht (bspw. bei Wohnungen ohne Video-Gegensprechanlage). Diese Stufungen sind auch Stufungen und wichtig, um als Betroffene:r die Situation einschätzen zu können! Denn wir befinden uns in einem Kreislauf. Die grundsätzlichen Anforderungen eingeschränkter Menschen können wie Luxus auf uneingeschränkte wirken. Andersrum ist es für mich ein Luxus, wenn ich auf ein Festival rollen kann und dann sogar vergessen kann, dass ich hier und da stecke bleibe, weil mir dennoch Spaß ermöglicht wurde. Auf psychische Barrieren wird in dieser Norm wenig Rücksicht genommen. Wo wir da Einschränkungen, aber auch Hilfen haben, lesen wir hier nächste Woche.