In Bremen werden derzeit Gemeindepsychiatrische Verbünde (GPV) aus- und aufgebaut. Hier geht es darum, dass die psychiatrischen Träger in einer Region feste Kooperationsvereinbarungen eingehen (im Zwielicht Nr. 14 wurden in einem Artikel von Tristan Kahrs die Zusammenhänge näher erläutert). Ein wichtiger Bestandteil dieser Verbundstruktur besteht im unabhängigen Fürsprachewesen. In allen fünf Bremer Stadtregionen wurden in den letzten beiden Jahren unabhängige Fürsprache- und Beschwerdestellen eingerichtet. Im Bremer Westen und Mitte nahmen sie bereits 2018 den Betrieb auf. 2019 zogen der Bremer Süden und der Osten nach. Finanziert werden die Stellen derzeit über Modellprojekt-Gelder der Senatorin für Gesundheit. So sind die Fürsprecher*innen teilweise bei den psychiatrischen Trägern angesiedelt, verstehen sich jedoch als unabhängig.
Dank dieser Unabhängigkeit, die in den kommenden Jahren noch gestärkt werden soll, wird es möglich, dass Menschen hier Dinge aussprechen, die sie sich bei eigenen Betreuer*innen nicht anzuschneiden trauen. Die niedrige Hemmschwelle soll auch dadurch tief gehalten werden, dass alle Fürsprech*innen selber über Krisenerfahrung verfügen. In der renommierten EX-IN-Qualifikation wurden sie in der Begleitung von Menschen mit psychischen Problemen geschult. Sie verstehen ihre Aufgabe in erster Linie als Vermittlungs- und Übersetzungsarbeit.
Es werden Missverständnisse ausgeräumt, Probleme ernstgenommen, Hilfen werden vermittelt und manchmal wird auch einfach nur zugehört. So kann in Fragen der Betreuung oder Durchsetzung von Rechten gegenüber der Krankenkasse Unterstützung geboten werden. Die Leistung ist vollkommen kostenfrei und man kann einfach mit der Stelle Kontakt aufnehmen. Zuweilen gelingt es, Lücken im System zu finden und so die Psychiatrielandschaft in Bremen zu verbessern.
Mit diesem Ziel werden auch psychiatrische Institutionen aufgesucht, sodass nicht nur Menschen gehört werden, die auf die Fürsprecher*innen zukommen. Doch ihre Aufgaben sind weiter gefasst. Sie sind auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Sie vertreten Menschen mit Krisenerfahrungen als Experten*innen in politischen Gremien. Auch in der wissenschaftlichen Arbeit sind sie tätig und treten als Referent*innen auf. Die Fürsprecher*innen treffen sich einmal monatlich, um sich auszutauschen und Standards auszuarbeiten, wie die Arbeit der Fürsprache- und Beschwerdestellen zukünftig aussehen kann. Sie sind ein wichtiges Element der Psychiatriereform, um die Rechte und die Mitsprache von Krisenerfahrenen, Betroffenen, Patient*innen, Klient*innen, oder wie man sie auch nennen möchte, zu stärken.