Autor:in: Norman Broszinski

Ich hab dieses Leben (satt)

Es fragen sich bestimmt einige, warum ich alle diese Informationen aufzähle. Ich sage diese Sachen nicht, weil ich Interesse daran habe, dass andere mich besser kennenlernen. Ich erzähle sie nur, um zu zeigen, dass ich noch auf diesem Planeten existiere, auch wenn es für manche Menschen so scheint, als ob ich es nicht mehr tue.
Ihr müsst wissen, dass ich nicht jemand bin, der seine Zeit damit verbringt, mit Freunden ins Kino zu gehen oder vielleicht mal Essen mit der Familie. Um ehrlich zu sein, ich gehe ja nicht mal alleine irgendwie raus und habe Spaß – etwas, was ein Mann wie ich in seinen besten Jahren tun sollte.
Stattdessen liege ich hier in meinem Bett und glotze nur auf meinen Laptop und versuche irgendwas zu finden, das mich von diesem nicht endenden Schmerz. Es sind keine Schmerzen im traditionellen Sinne – weil diese Schmerzen von mir selbst kommen, ohne, dass ich wirklich was tue.
Manchmal wache ich nachts in meinem Bett auf und fühle mich so, als wenn ich keine Luft mehr bekomme. Dann male ich mir hundert Szenarien aus, was mit mir passiert und rechne mit dem Schlimmsten (meistens, dass ich einen Herzinfarkt habe).

Die Tage verbringe ich meistens damit, in meinem Bett zu liegen, mit meinem Laptop zu surfen, zu zocken oder vielleicht mal mit irgendjemanden zu interagieren. Interaktion mit einem Menschen steht für mich fast außer Frage. Ich erzähle meinen Eltern nichts von den Problemen, die ich habe – weil ich dann denke, dass ich sie nur unnötig damit belaste.
Es ist nicht so, dass ich Probleme mit meinen Eltern hätte oder das ich mit ihnen nicht gut reden könnte. Es ist einfach so, dass ich mich weigere zu akzeptieren, dass ich ein Problem habe. Die ganze Welt ist schon voll von Problemen, die unserem Planeten den Kopf zerbrechen. Ich brauche da nicht auch noch meinen Senf dazuzugeben.
Manchmal lasse ich auch einfach alles stehen und liegen und bleibe einfach in meinem Bett und träume den ganzen Tag. Immer wieder träume ich von weit entfernten Orten und irgendwelchen Phantasiewelten, die mir gerade durch den Kopf gehen. Manche würden das als Zeitverschwendung sehen, und das ist es auch wahrscheinlich. Aber in meinem Leben passiert sowieso nichts und rauszugehen steht für mich außer Frage.
Die Welt außerhalb macht mir schon Angst, wenn ich daran denke. Ein paar Schritte vor die Tür zu gehen ist wie über eine morsche Brücke zu gehen, die über einem Vulkan hängt. Während ich gehe, habe ich immer das Gefühl, dass etwas Schlimmes passiert. Ich kriege Schnappatmung und fange an, Panik zu bekommen – versuche aber trotzdem, keine Szene zu machen.
An Suizid denke ich allerdings nie. Meine Mutter hat mir immer gesagt, dass das Leben das größte Geschenk ist, was es gibt. Außerdem würde ich dann zu vielen Menschen, denen ich wichtig bin, wehtun und würde als Feigling in die Geschichte eingehen.
Deswegen bleibe ich in meinem Bett und träume einfach weiter und warte, dass es vielleicht doch eines Tages besser wird. Es ist nicht die beste Aktivität, die man sich vorstellen kann, aber es ist besser, als seine Existenz wegzuwerfen.