Der „impuls“ wurde 1984 von Inge Deppert ins Leben gerufen und 1986 in eine Vereinsstruktur mit dem Namen „impuls e.V., Zentrum für gesunde und künstlerische Bewegung“ überführt. Das Ziel dieses Vereins besteht darin, Menschen verschiedener Altersstufen und körperlicher Leistungsfähigkeit die Freude an gesunder und kreativer Bewegung zu vermitteln.
Durch eine stetige Ausweitung von Ausbildungs- und Kursangeboten entstanden über die Jahre eine Berufsfachschule, eine Fachschule, ein Institut für berufliche Fortbildung und ein großes Angebot von Tanz- und Gesundheitskursen sowie verschiedene Projekte in Betrieben und Schulen.
Eine klare Zielgruppe für die Bewegungstherapie gibt es nicht. Wer daran Gefallen findet, kann an einer teilnehmen. In den Gruppen von Silke Schreiner, einer langjährigen Bewegungstherapeutin des impuls, finden sich Menschen aller Altersgruppen. Die Bewegungstherapie-Gruppe, an der wir mit der ZWIELICHT-Redaktion teilnehmen konnten, wurde von ihr angeleitet.
Silke Schreiner ist eine staatlich anerkannte Gymnastik- und Tanzpädagogin mit dem Schwerpunkt Bewegungstherapie. Darüber hinaus absolvierte sie eine Pilates-Ausbildung. Neben ihrer Tätigkeit beim impuls arbeitet sie auch als Heilpraktikerin in einer eigenen Praxis.
Im Gespräch, das wir mit Silke Schreiner im Anschluss an die Bewegungstherapiestunde führen, wird schnell deutlich, dass sie in ihrem Leben schon früh existentielle Erfahrungen gemacht hat.
In ihrer Jugend hat sie einen schweren Unfall erlitten, welcher ihr Leben damals massiv einschränkte. Die Krise, die daraus entstand, hatte auf sie einen enormen Einfluss und in ihr Sinnfragen ausgelöst: „Ich kam mir wie ein Außenseiter vor, weil ich anders gedacht und gefühlt habe. Der Unfall war wie eine Öffnung – in die Innenwelten. Das hat mich für mein Leben sehr geprägt.“ Letztlich führte dieser bedeutende Einschnitt dazu, dass Silke Schreiner sich schon frühzeitig mit verschiedenen Philosophien auseinandersetzte. Es war ihr damals schon klar, dass sie keinen konventionellen Lebensweg beschreiten würde.
Bevor sie eine Ausbildung als Bewegungstherapeutin absolvierte und Kurse beim impuls leitete, konnte Silke Schreiner also schon auf ein bewegtes Leben zurückblicken.
Als beobachtende Teilnehmer waren wir gespannt, was uns in der Therapiestunde erwartete. Glücklicherweise konnten wir diese Stunde an einem der ersten schönen Frühlingstage verbringen. So fanden wir uns in einem großen, sonnendurchfluteten Raum mit angenehmer Atmosphäre wieder. Unter den Teilnehmer:innen, die diese Therapie wöchentlich besuchen, war eine gemeinschaftliche und herzliche Stimmung zu vernehmen. Wie sich später herausstellte, ist es eine Gruppe, die sich in dieser Konstellation schon seit vielen Jahren trifft.
Eine Bewegungstherapiestunde, die von Silke Schreiner geleitet wird, beinhaltet eine bunte Mischung an Übungen, die unter den Teilnehmer:innen keine Langeweile aufkommen lässt: Verschiedene Streck- und Bewegungsübungen, Übungen mit einem Ball sowie Entspannungstechniken. Die Dosis der Übungen übersteigt nie ein gesundes Maß an Anstrengung. Vielmehr hat man das Gefühl, seinem Körper etwas Gutes zu tun – eine intensive und bewusste Beschäftigung mit dem Körper. Spielerische und leichte Inhalte tragen zudem dazu bei, dass der Körper nicht, wie so oft, als Objekt der Leistungserbringung betrachtet wird. Es entsteht eher der Eindruck, dass eine Therapiestunde dazu beitragen kann, sich dem eigenen Körper mit Wohlwollen zuzuwenden. In ihre Bewegungstherapie integriert Silke Schreiner auch gerne tänzerische Elemente. Das Tanzen hat sie ebenfalls sehr früh für sich entdeckt, als sie Kurse für Ausdruckstanz absolvierte. Von ihren Teilnehmer:innen wird der tänzerische Teil begeistert angenommen.
Silke lebt in ihrer Bewegungstherapie das, wovon sie selber in ihrem Leben profitiert hat. Eine Zeitlang litt sie an Depressionen. „Das freie Tanzen hat mir auch in schwierigen Phasen immer wieder sehr geholfen, mich zu spüren und da durchzugehen.“
Kontakt zu bekommen ist für Silke Schreiner in der Bewegungstherapie wesentlich – nicht nur zu dem eigenen Körper, sondern auch zu dem Raum, der einen Menschen umgibt.
Der zwischenmenschliche Kontakt hat für sie ebenso eine wichtige Bedeutung, der während einer Bewegungstherapiestunde seinen Ausdruck finden kann. In dem Kurs, dem die ZWIELICHT-Redaktion beiwohnte, wurde der Kontakt zu den anderen Teilnehmer:innen über das Tanzen hergestellt. In dieser Interaktion zeigt sich, wie wohltuend und wichtig es ist, die Freude an der Bewegung mit jemandem zu teilen – denn, wie Silke Schreiner sagt: „Ohne Lebensfreude ist das Leben einfach nur doof.“ In Kontakt treten und sich wiederum auf sich selbst besinnen: In der Bewegungstherapie kann das, was im Alltag eines Menschen tagtäglich passiert (oder auch nicht), bewusst erlebt werden.
Der Gemeinschaftsaspekt ist für Silke Schreiner ein Baustein, den sie in anderen Disziplinen wie Yoga vermisst. Sie empfindet deren Ansatz zu ich-bezogen: „Wenn ich dahingehe, tue ich da was für mich.“ Silke könnte auch niemals in einem Fitnessstudio arbeiten – „dort ist nicht vorgesehen, dass das Individuelle gesehen und abgeholt wird.“ Mit achtsamer Körperwahrnehmung habe dies wenig zu tun. Silke Schreiner nutzt aber gerne Elemente verschiedener Disziplinen (Yoga, Pilates, Autogenes Training und Qigong) und integriert diese in ihre Bewegungstherapie. So entsteht ein Mix, in dem die Offenheit der Bewegungstherapie, wie sie diese versteht, zum Tragen kommt.
Wenn man mit Silke Schreiner über ihre Tätigkeit als Bewegungstherapeutin spricht und sie darin erlebt, beeindruckt vor allem, wie selbstverständlich sie ihre Biographie in ihr Wirken einbringt. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit, Menschen Mut zu machen und zu sagen: „Es ist nie zu spät, damit anzufangen.“ Sie sieht nicht ihr theoretisches Wissen (das sie natürlich auch mitbringt), sondern ihre Lebenserfahrung als entscheidend – da sie selber viel getragen habe und daran gewachsen sei. Sie hat selber erlebt, dass es in der Krise einen behutsamen und geduldigen Umgang mit dem Körper braucht, um für ihn wieder ein gutes, vertrauensvolles Gefühl zu bekommen. Bei ihr hat dies Jahre gedauert. Ein authentischer Austausch auf Augenhöhe mit den Teilnehmer:innen ist für sie aufgrund dieser Lebenserfahrung dementsprechend natürlich lebbar.
Ihre vielfältige Lebensgeschichte hat auch letztlich zu ihrem Bestreben geführt, Menschen ganzheitlich zu betrachten. Jeden Menschen dort abzuholen, wo er ist und was er kann – darum geht es ihr. Durch Parameter wie Körperspannung, Körperhaltung, Gesichtsausdruck oder der Bereitschaft, mit anderen in Kontakt zu treten, kann Silke Schreiner während einer Therapiestunde erkennen, wie es den Menschen geht und wozu sie befähigt sind. Jedoch ist es Silke ein Anliegen, dass die Teilnehmer:innen ihren persönlichen Impulsen folgen – „ihren eigenen Körper finden und es auf eine Weise tun, die zu ihnen passt.“
Ein wichtiger Ansatz des impuls e.V. sei es, die Symptome eines Menschen „nicht immer nur isoliert oder das Krankmachende zu sehen – sondern das, was ihn stärkt und befähigt, auch selber Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und dann für sich etwas in seinem Leben zu ändern.“
Im Laufe einer Stunde kann sich in einem Menschen sehr viel bewegen. Zumeist macht Silke Schreiner die Erfahrung, dass „die Menschen förmlich aufblühen und aus sich herauskommen, lebendig werden und gleichzeitig wieder den Kontakt nach innen bekommen.“
Die jeweiligen Dozent:innen des impuls e.V. vertreten zwar eine grundsätzliche Lehre, die auf der Grundlage der Salutogenese¹ beruht und umgesetzt wird. Sie schreiben jedoch ihre eigenen Lehrpläne und können diese auch mitgestalten. In dieser Herangehensweise ist dies ein deutschlandweit einmaliges Konzept, welches den Dozent:innen bedeutende Freiheiten einräumt.
Dementsprechend werden auch Schüler:innen und Auszubildende des Impuls e.V. dazu angehalten, ihren eigenen Weg zu finden, mit dem sie sich identifizieren können.
Der impuls e.V. strebt somit eine Philosophie an, bei der durch die Förderung von Individualität und Eigenverantwortung eine Atmosphäre geschaffen wird, in der sich Menschen entfalten können.
Um an einer Bewegungstherapie teilnehmen zu können, kann man einerseits Vereinsmitglied des impuls e.V. werden und einen entsprechenden monatlichen Mitgliedsbeitrag zahlen. Eine andere Möglichkeit ist der Zugang über die Reha-Verordnung eines Arztes, Orthopäden oder Psychiaters.
Beispielsweise absolvieren manche psychisch erkrankten Menschen im Anschluss an einen stationären Aufenthalt im Klinikum Bremen Ost oder im AMEOS-Klinikum eine Bewegungstherapie.
Der offene Ansatz des impuls schlägt sich auch in der Diversität der Personen innerhalb einer Bewegungstherapiegruppe nieder. Silke Schreiner mag es, wenn sich Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Befindlichkeiten in ihren Gruppen aufhalten: „Wir lernen alle an einander, so unterschiedlich, wie wir sind.“ Sie empfindet offene Gruppen als „natürlicher und effektiver, weil sich dann auch sehr viel untereinander entwickelt – eine ganz eigene Dynamik, sehr lebendig.“
Die Erfahrungen, die wir nach dem Besuch der Bewegungstherapie beim impuls e.V. mitnehmen, verdeutlichen einmal mehr, dass eine gesunde Verbindung von Körper und Geist für das Wohlbefinden eines Menschen elementar ist. Eine Bewegungstherapie kann dafür den Raum, in dem diese Verbindung hergestellt und gestaltet wird, öffnen. Wenn Menschen diesen Raum gemeinsam betreten und erleben, können zahlreiche Verknüpfungen entstehen – in mehreren Dimensionen.
Der Mensch kann aus eigener Kraft, getragen durch die Gemeinschaft, etwas erschaffen, was ihm manchmal abhandenkommt oder erst noch erschlossen werden darf: Kontakt zu dem, was uns als Menschen ausmacht.