Leiden und Leben

Hier sitze ich nun und stelle mich der Auseinandersetzung. Das lang befürchtete Beziehungsgespräch findet statt, denn Frau musste es letztlich einfordern. Mann wollte dem zuvorkommen, und das hat das „Feuer der Besorgnis“ der Frau nur umso mehr entfacht. Kein Entrinnen! Ein Missverständnis? Man munkelt, zwischen Mann und Frau gäbe es grundlegende Unterschiede, auch in der sogenannten Psyche… wie auch immer: Beziehungsgespräche finden von Zeit zu Zeit statt, und dazu muss eine(r) sie einfordern – und das ist in der Regel nicht der Mann.
Da sitzen wir also beide, jeder auf seinem angestammten Sessel (dafür hat man ja schließlich eine bequeme Sofaecke). Man könnte mittlerweile eine bestimmte Thematik vermuten, lässt man aber tunlichst sein und harrt stattdessen der Dinge, die da warten; streut gelegentlich kleine (durchaus nett/lieb gemeinte) „Provokationen“ ein, um es dem Anderen leichter zu machen, die Stimme klar und deutlich zu erheben; dem Mitteilungsbedürfnis wird bewusst Vorschub geleistet. Auch heute rechnete ich mit allem (nicht aber mit dem sogenannten Schlimmsten!). Was dabei völlig überraschend herauskam, war: Interesse, Leidenschaft für die Klärung von Unverständnis/Missverständnis. Das erlebe ich heute zum ersten Male und bin dementsprechend begeistert.
Innerlich allerdings sacke ich ein wenig zusammen. Wäre das nun nötig gewesen? Was die neue …Situation wiederum begünstigt – denn die Rede ist nun am Fließen. Das alte, gefürchtete „Frage-Antwort-Spiel“ weicht einem „Frage-Antwort-Austausch“, einer von Grund auf ehrlichen Auseinandersetzung. Die Übung der letzten Jahrzehnte hat sich überraschenderweise gelohnt (nachdem man bereit war, “es aufzugeben“). Neue und vertrauensvolle Schwingungen erfüllen nun den Raum.
Aber was war hier nun eigentlich das Thema? Ich weiß es (wie so oft) erst im Nachhinein – also jetzt – indem ich es niederschreibe!!! Es geht um Freud, es geht um Leid, aber insgeheim auch um Leben, den Alltag im Allgemeinen und um Lebendigkeit im Besonderen.
Und hierin ergibt sich die Möglichkeit, Leid und Leben miteinander zu vergleichen – Sorge und Eigenverantwortung, Ertragen/Mittragen und Austragen! Zwischen Sorgendem und Umsorgtem, zwischen Fragendem und Antwortendem – zwischen Mann und Frau.
Eine Chance, zwei solch stark begründete, sich entgegenstellende Antriebe nebeneinander zu stellen!
Denn vielleicht ist gerade hier ja doch endlich ein entscheidender Unterschied auszumachen.

Und so offenbart sich mir zunehmend das Verhältnis von Mann und Frau (als Spiegelbild meiner gesellschaftlichen Prägung) im Spiegel meiner Partnerschaft!