Autor:in: Norman Broszinski

Toxische Debattenkultur

Unser Land und auch die Welt im Allgemeinen hat viele Themen, die ihnen am Herzen liegen. Das fängt an bei Hobbys wie Filme und Musik und hört auf bei großen politischen Themen wie dem Klimawandel und der Digitalisierung. Jeder Mensch hat eigene Fragen und eigene Meinungen dazu.

Und natürlich werden diese Themen dann miteinander diskutiert und wie es halt so ist, gibt es dann natürlich Differenzen bei den verschiedenen Ansichten. Das ist allerdings nichts Schlimmes. Verschiedene Ansichten und differenzierte Meinungen leben von einer gesunden Debattenkultur, da man durch verschiedene Ansichten noch mehr Wissen erlangen kann und Verständnis für die Anderen aufbringen kann. Und das wussten schon die alten griechischen Philosophen und Denker.

Es ist allerdings, wie mir scheint, schwierig geworden, sich mit Menschen verschiedener Ansichten  hinzusetzen und diese Diskussionen zu führen, da gegenteilige Meinungen schnell eine Diskussion aus dem Ruder bringen können, was besonders bei politischen Themen der Fall ist, und das gilt sowohl bei Links als auch Rechts.

Wenn man sagt, dass man für mehr Umweltpolitik ist, dann ist man sofort ein „Links-Grün versiffter Gutmensch, der für den Untergang des Abendlandes verantwortlich ist.“ Und wenn man sagt, dass man gegen das Gendern ist oder dass man die Flüchtlingspolitik überdenken müsste, dann ist man „ein alter weißer Cis-Mann, der keine Ahnung hat.“ (Ich bin übrigens 31 und bisexuell, aber das ist eine andere Geschichte.)

Ich selber bin auch aus beiden Lagern ein paar Mal so angegangen worden, nur sehe ich mich nicht zu einen von den beiden Extremen zugehörig, denn Extreme haben unsere Welt noch nie weitergebracht. Ich höre mir sehr gerne die politischen Meinungen von verschiedenen Leuten, die sich mit Politik befassen, an. Das geht von YouTube-Stars wie Florian Diedrich Mundt (Lefloid) und Tim Heldt (KuchenTV) bis hin zu Kabarettisten wie Volker Pispers und Serdar Somuncu. Und auch wenn ich nicht immer mit ihnen übereinstimme, halte ich sie für sehr intelligente Menschen mit gutdurchdachten Meinungen.

Wie ist es aber dazu gekommen, dass unsere Debattenkultur so toxisch geworden ist? Es ist kein Geheimnis, dass viele Menschen auf der Welt seit Jahren gerne die Sozialen Medien wie Facebook, Twitter, etc. benutzen, um mit Gleichgesinnten zu kommunizieren. Allerdings ist es seit dem Ausbruch von COVID-19 noch schlimmer geworden. Viele Menschen sind zu Hause geblieben, hatten monatelang kaum bis gar keinen sozialen Kontakt und haben sich dadurch mehr und mehr ins virtuelle Leben zurückgezogen, wodurch sie sich auch mehr und mehr eine Soziale Blase aufgebaut haben – mit Leuten, die nur ihre Meinung vertreten und andere nicht akzeptieren. Manche nennen es auch gerne Echokammer.

Diese Blasen werden allerdings von den Algorithmen der Webseiten auch noch unterfüttert, so dass diese Blasen noch größer werden und man nur noch das sehen will, was man meistens sowieso schon denkt. Auf Twitter wird das durch die sogenannte Trendliste angezeigt, was gerade besonders viel diskutiert wird. Nur wird hier nicht differenziert analysiert, welche Seite des Spektrums hier besonders repräsentiert ist und ob dieser Trend vielleicht doch nur hochgepusht wurde durch Spam Posts.

Das Problem ist, dass dieses Problem sich schwierig lösen lässt. Man kann schlecht jemandem sagen, dass er aufhören soll, so extrem zu sein. Egal, wie extrem die Meinung eines Menschen ist, es ist immer noch seine Meinung, solange er niemanden damit verletzt. Man müsste versuchen, diesen Leuten das Debattieren näherzubringen, wie einem öffentlichen Debattierklub, wo jeder willkommen ist, seine Meinung zu vertreten, ohne dass er oder sie fürchten muss, dass sie nicht gestattet ist.

Ich kann mir vorstellen, dass dieser Text für manche etwas provokant wirkt. Wenn dies für sie der Fall ist, dann hab ich es richtig gemacht. Viele Menschen scheinen heutzutage Angst zu haben, ihre Meinung zu sagen. Allerdings leben wir immer noch in einem Rechtsstaat, und solange dies der Fall ist, haben wir auch immer noch die Chance, eine bessere Debattenkultur aufzubauen.