Autor:in: Cornelia Burmeister

Veränderungen

0 Kommentare

Seit der Reha im Juli 2021 verändere ich mich so sehr, dass ich es mitunter gar nicht fassen kann.
In der Reha lernte ich Menschen kennen und verbrachte einen Teil meiner Freizeit mit ihnen. In der Zeit zuvor hatte ich mich isoliert, war zu viel allein. Dort in der Reha traf ich aber Entscheidungen, die mich bis heute beeinflussen. Habe dort auch gelernt, mich zu behaupten.
Heute sitze ich an zwei Tagen in einer Redaktion einer Zeitschrift. Einmal die Woche ist Redaktionssitzung und ich nehme daran teil, zu Hause am Laptop. Das ist doch Home-Office, ich kneife mich selbst. „Ist das wirklich wahr, dass ich daran teilnehme, stimmt das wirklich?“ Ich kann es kaum glauben. Ich und Home Office, arbeiten im Büro. Das hielt ich einmal für unmöglich. Ja, hatte sogar Angst vor der Büroarbeit.
Inzwischen kann ich mir eine Rückkehr auf den Bau gar nicht mehr vorstellen. Zwischen dem was dort einmal war und der Gegenwart liegen Welten. In der Vergangenheit der grobe Umgang auf dem Bau und heute Gespräche über aktuelle Themen.
Die Gegenwart habe ich inzwischen angenommen, obwohl das anfangs nicht einfach war. Ich muss mir wohl eingestehen, dass ich eine intellektuelle Ader habe. Das mag auch ein Problem in der Vergangenheit gewesen sein.
Ich stelle heute fest, dass da nicht nur das Transproblem war, sondern auch meine so ganz andere Interessenlage. Damit kam meine damalige Umwelt nicht zurecht. Nur über Dinge mit sexuellem Bezug, Sport und Arbeit zu reden, war mir nicht genug. Leider gab es da auch rechtsradikale Tendenzen, die ich aber nur am Rande mitbekam. Das war jedenfalls nicht meine Welt. Da musste ich schleunigst raus.
Genau an dieser Stelle bemerkte ich, dass Veränderungen die mir zuvor Angst einflößten, richtig gut tun. Ja, da ist ein Weg der zuvor noch nicht da war, der in eine andere, bessere Welt führt. Veränderungen sind nicht nur willkommen, sondern sogar sehr wichtig. Denn an den alten Problemen wäre ich sonst zerbrochen.
Etwas, das mir heute so durch den Kopf geht ist: Wie konnte ich so lange derart verbogen leben? Immer nur im Sinn von anderen leben und handeln? Wieso habe ich nicht bemerkt, dass da etwas ganz und gar nicht stimmte? Wurde ich denn wirklich in meiner Kindheit derart aufs Funktionieren getrimmt? So, dass es mir geschadet hat? Es ist wohl so.
Ich habe einige Menschen kennen gelernt, die so etwas auch erleben mussten, die ihre Eltern regelrecht hassen. Das wollte ich nicht, denn mit Hass im Bauch lebt es sich sehr schlecht. Da kommt meine Transidentität ins Spiel.
Ich hatte die Tatsache akzeptiert, dass ich eher weiblich als männlich bin. Hatte viel Spaß daran, dieses mal zu erkunden. Das war ja alles Neuland für mich. Es tat mir einfach gut, mal etwas rein nur für mich zu machen. Das betraf alle Bereiche des Lebens. Die Frauen von meinem Stammtisch halfen mir dabei sehr. So bin ich mir zwar bewusst, was mir angetan wurde, habe aber keine Hassgefühle. Der Spaß am Leben ist wichtiger als der Hass auf Vergangenes!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert