Autor:in: Volker Althoff

Ernüchternde Ergebnisse des Maßregelvollzugs

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Im Februar war Dr. Heinz Kammeier, Jurist und Mitglied des Fachausschusses Forensik und des erweiternten Vorstands der DGSP sowie Mitherausgeber der Fachzeitschrift „Recht & Psychiatrie“, in Bremen bei einer Veranstaltung im Bürgerhaus Weserterrassen und hat ein Plädoyer für eine Transformation des Maßregelvollzugs (Forensik) gehalten.
Das Maßregelrecht hat zum Ziel, die Öffentlichkeit zu schützen durch Behandlung der Täter. Paragraf § 63 StGB regelt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Paragraf § 64 StGB schreibt eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor und Paragraf § 66 StGB ist maßgeblich für die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. „Nach Paragraf § 63 StGB hat ein Gericht gutachterlich beraten und ist zu dem Schluss gekommen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Straftat und einer psychischen Erkrankung vorliegt. Bei Paragraf 64 StGB liegt ein Hang zur Einnahme berauschender Substanzen im Übermaß vor“, erklärt Dr. Dominik Dabbert, ärztlicher Direktor der Bremer Forensik. Jedoch seien Menschen, die nach Paragraf § 63 untergebracht sind, nicht automatisch abstinent. „Sie haben oftmals eine psychische Erkrankung und davon haben 30 % einen Substanzkonsum.“
Das Papier des DGSP enthält 18 Kernpunkte. Der erste Punkt besagt, dass die „unbefristete und unverhältnismäßige lange Unterbringungsdauern in der psychiatrischen Maßregel nicht mehr zu legitimieren sind“. Daran knüpft Punkt 2 an, in dem es heißt „die förderal erheblichen Abweichungen der Anordnung von Maßregeln und deren Dauern sind rechtlich inakzeptabel und argumentativ nicht (mehr) vermittelbar (signifikante Unterschiede bestehen selbst innerhalb von größeren Bundesländern)“. Aus dem Papier geht die Forderung hervor, dass „die Maßregeln §§ 63 und 64 StGB ersatzlos zu streichen sind“. Darin wird verwiesen, dass die DDR seit 1968 ohne einen Maßregelvollzug ausgekommen ist; ebenso Länder in Europa. In einem weiteren Punkt heißt es „für besonders hochgradig gefährliche Personen bleibt die Möglichkeit, Sicherungsverwahrung anzuordnen“. Punkt 13 verweist auf das Sanktionenrecht, deren Grundlage die Verfassungsaufträge: Resozialisierung, Gleichstellung/Gleichheit – Diskriminierungsfreiheit sind. Darüber hinaus sollen „im strafrechtlichen Freiheitsentzug befindliche Personen in die Kranken- und Rentenversicherung aufgenommen werden“. Diese Forderung erfüllt das Gleichheitsgebot und Wertungen der UN-Behinderten- Rechts Konvention (UN-BRK). Diskriminierungen sollen abgebaut werden. Der letzte Punkt bezieht sich auf die gesundheitliche Versorgung, die – wie für alle Bürger – „durch die Dienste und Einrichtungen am Ort der Unterbringung erfolgt: somatisch, psychosozial, suchtbezogen, behindertengerecht; es geht um gleichberechtigte soziale Teilhaberechte“.
Die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) und andere bürger- und menschenrechtlich engagierte Vereinigungen fordern seit vielen Jahren Veränderungen des Maßregelvollzugs. „Die Rechtsstellung der untergebrachten Personen soll gestärkt sowie eine Verbesserung der medizinischen, insbesondere der therapeutischen und sozialen Versorgung erreicht werden“, das jedenfalls schreibt Dr. Heinz Kammeier in seinem Aufsatz in der Zeitschrift „Recht & Psychiatrie“ mit dem Titel „ Zur Forderung der DGSP nach einer ‚Transformation der Maßregeln‘ – Hintergründe und Ziele einer Umstrukturierung der Forensik“.
In seinem Aufsatz geht Kammeier auch auf die Forderung ein, die die DGSP im Oktober 2021 aufgestellt hat. Darin heißt es: „die Maßregeln unter Einbezug des Strafrechts, des Sozialrechts und der Versorgungspraxis in eine zeitgemäße menschenrechtliche, akzeptable, sozialfortschrittliche und diskriminierungsfreie Gestalt zu transformieren. Eine solche Reform wäre auch ein wertvoller Beitrag zum gesellschaftlichen Modernisierungsprozess.“ So kritisiert Kammeier, dass sich „die Forensik über Jahre zu einem Knäuel angewachsener Probleme und offensichtlicher Ausweglosigkeiten entwickelt hat.“ Die Bundesgesetzgebung hat erreicht, dass die Zahlen untergebrachter Personen gewachsen sind und die Unterschiede zwischen den Bundesländern, sogar zwischen den Landgerichtsbezirken eines Landes größer geworden seien.
„Zur Situation des Maßregelvollzugs in Deutschland liegen kaum öffentlich zugängliche Daten vor“, heißt es in einem Artikel „Psychiater fordern bessere Versorgung psychisch erkrankter Straftäter“ (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. . (https://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2023.html)
„Vor diesem Hintergrund hat die DGPPN unter Federführung des Referates „Forensische Psychiatrie“ eine Umfrage unter den 78 deutschen Kliniken für Maßregelvollzug durchgeführt, […]. Die Ergebnisse sind ernüchternd“. So beklagt der Großteil der Kliniken, die sich an der Umfrage beteiligt haben, eine deutliche Überbelegung aufgrund steigender Patient:innenzahlen. „Zu wenig Personal und mangelhafte Räumlichkeiten verhindern, dass Patienten eine optimale Behandlung erhalten. Mehr als jeder vierte Patient ist länger als zehn Jahre im Maßregelvollzug untergebracht. Zu viele Patienten, zu wenig Ressourcen. Unter den derzeitigen Umständen ist es, trotzt des enormen Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sehr schwer geworden, den gesetzlichen Auftrag der Kliniken für den Maßregelvollzug dauerhaft sach- und fachgerecht zu erfüllen“, fasst Prof. Dr. Jürgen Müller, Leiter des zuständigen DGPPN-Referats, zusammen. Er sagt folgendes: „Wir brauchen dringend eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Grundlagen über die Bundesländer hinweg, eine Reform des Maßregelrechts, eine auskömmliche Finanzierung und eine bundesweite Erfassung der Daten zu Unterbringung und Behandlung.“
Mit dem Problem der Überbelegung kämpft auch die Bremer Forensik. Mit 160 Patient:innen ist die Kapazitätsgrenze, die bei 155 Plätzen liegt, deutlich überschritten. Diese Zahlen sind einem Artikel des Weser-Kuriers vom 21. Januar 2023 entnommen. Dominik Dabbert bestätigt diese Angaben. Seit 1. Oktober 2022 Jahres leitet er den Maßregelvollzug: „Ich möchte meine Patienten verstehen und ihnen eine bestmögliche Therapie anbieten. Wenn ich den Patienten gut kenne und die Möglichkeiten, die wir therapeutisch haben, dann kann ich für den Patienten aus meinem Repertoire die besten Empfehlungen machen. Das setzt voraus, dass ich die Patienten und ihre Lebenssituation gut kenne.“
Auch die Verweildauern in der Forensik sind unterschiedlich geregelt: „Nach Paragraf 63 ist keine Höchstdauer vorgesehen. Paragraf 64 enthält eine Höchstdauer“, erklärt Dabbert. Er sieht die Forensik nicht als Insel, „sondern sie ist eingebunden in das gesamtpsychiatrische Hilfesystem“. Verschiedene gesellschaftliche Akteure wie Familienhelfer, Jugendamt, Schule etc. kümmern sich um die psychische Gesundheitsfürsorge. „Ein bißchen sind wir wie der ‚Torwart‘“, beschreibt Dabbert bildhaft. Wenn alles schief gelaufen sei, sei der Ball im Strafraum und deswegen sei die Forensik nicht als einziger Akteur zu sehen. „Wir sind davon abhängig, welche Möglichkeiten das betreute Wohnen bietet, wieviele Entlassungsmöglichkeiten haben wir oder gibt es Alternativen zur Aufnahme in die Forensik für Menschen in schwierigen Lebenssituationen, die straffällig geworden sind.“
Die Bremer Forensik steht vor vielen schwierigen Herausforderungen. Ein erhebliches Problem ist das Ansteigen von Aufnahmen. „Wenn die Gerichte Menschen, die straffällig geworden sind, vor dem Hintergrund einer psychischen Erkrankung verurteilen, müssen wir diese aufnehmen und können nicht – wie beispielsweise Intensivstationen – sagen ‚wir sind voll und sucht eine andere Klinik auf‘; denn wir sind die einzige Forensik im Land Bremen“, erklärt Dabbert. Der Anteil der Forensik an den gesamtpsychiatrischen Betten in Deutschland ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. „Vor 20 Jahren waren es 5 %, aktuell sind es ungefähr 25 %. Zunehmend werden Menschen, die eigentlich früher in der Psychiatrie behandelt worden wären, in der Forensik behandelt. Das ist eine schwierige Entwicklung.“ So habe die Forensik keine Möglichkeit, die Aufnahmen wie auch die Entlassungen zu steuern, weil bereits im Gericht entschieden werde. Das könne dazu führen, dass der Druck auf die Forensik steige, die bestehenden Plätze zu überdehnen. So werden viele Räume zweckentfremdet. „Wir haben einige Räume, die nicht für die Patienten mit ‚normalen‘ Behandlungen gedacht sind, sondern für akute Krisen. Wenn diese Räume aber voll sind, können die Leute ja nicht auf den Fluren liegen. Dann kommen sie in die Krisenräume, das ist wiederum für die Patienten schlecht und für alle anderen auch, wenn sie eine Krise haben. Wir haben dann weniger Behandlungsmöglichkeiten, was dann zu gefährlichen Situationen führen kann“, so Dabbert. Es sei auch nicht so leicht, mal eben ein neues Gebäude mit 20 neuen Plätzen zu bauen, denn damit sei noch keine neue Forensik geschaffen.
Ein weiteres Problem ist der allgemeine Fachkräftemangel in der Pflege und Psychiatrie. Es gebe kaum Mitarbeiter:innen, denn nicht alle seien dafür zu begeistern mit Menschen zu arbeiten, die schwere Straftaten begangen haben. „Das muss man abkönnen und mögen. Dafür muss man eine Begeisterung haben, und das ist nicht jedermanns Sache“, so Dabbert. So müsse man die Attraktivität der Arbeitsplätze erhöhen. Damit meint Dabbert: „Wir müssen offensiver vertreten, dass wir hier in der Forensik eine sinnvolle Arbeit ausführen. Hier könne man jemanden über lange Zeit begleiten. So ist das Gefühl, man macht etwas Sinnvolles für Menschen in ganz schweren Krisen, das Pfund, mit dem die Forensik für Mitarbeiterzufriedenheit wuchern kann.“
Ein ehemaliger Patient, der dreieinhalb Jahre in der Bremer Forensik war, berichtet aus seiner Sicht, wie er den damaligen Aufenthalt empfunden hat: „Ich habe eine schwere Straftat begangen. Die Ärzte haben bei mir eine Psychose und Schizophrenie diagnostiziert. Daraufhin bin ich in die Forensik gekommen. Ich habe erst gedacht, dass ich dort nicht mehr rauskomme, weil es keinen Entlassungstermin gibt. Man bleibt so lange dort, bis die Ärzte sehen, dass man sich positiv verändert hat.“ Er hat sich abgelenkt mit lesen, Liegestützen und Arbeitstherapie. Nach zwei Jahren hat er gelockerte Bedingungen bekommen. „Stufe 1 heißt, dass ich mit einem Pfleger eine Stunde rausgehen konnte. Das habe ich zwei- bis dreimal gemacht. Bei Stufe 2 durfte ich mit einem Pfleger einkaufen. Bei Lockerung 3 durfte ich mit einer Gruppe gehen. Bei Stufe 4 durfte ich mich alleine auf dem Gelände frei bewegen. Und bei der letzten Lockerung durfte ich selbständig einkaufen. Soweit habe ich mich ‚hochgearbeitet‘“, erzählt der ehemalige Patient, der anonym bleiben möchte. Irgendwann ist er dann ins Haus 9 des Klinikums Bremen-Ost umgezogen. „Das ist der offene Maßregelvollzug, wo die Tür immer offen ist. Dort war ich zwei Jahre.“ Zuvor auf der geschlossenen Station war er auf einer gemischten Station, auf der Frauen und Männer untergebracht sind. „Als Mann darf man nicht in den Frauentrakt. Im Raucherraum kann man sich treffen. Es gab Frauen, die durchgedreht sind und Pfleger:innen beleidigt haben. Einige der Patientinnen haben auch Drogen konsumiert, zum Beispiel Spice. Diese Droge konnte man bei der Urinkontrolle nicht nachweisen, weil es keine Mittel dafür gab. Wenn man Spice nimmt, wird man träge, schläfrig und müde. Ich habe mich zurückgehalten, zurückgezogen. Mir war egal, was die anderen machten.“ Der Patient hatte auch Therapien. So hat beispielsweise an einer Edukationsgruppe teilgenommen. „Dabei beschäftigt man sich mit der Krankheit, die man hat. Es wurde erklärt, was eine Psychose ist und wie man damit umgeht. Man muss sich damit auseinandersetzen, um es zu verstehen.“ Zwang gehört auch zum Alltag in der Forensik. „Man kann die Medikation nicht freiwillig nehmen. Die Ärzte haben zu mir gesagt, ‚wenn sie keine Medikamente nehmen, dann kommen sie nicht raus‘. Das fand ich nicht gut. Man sollte das frei entscheiden können. Ich habe mich immer ruhig verhalten, war nie gewalttätig oder beleidigend.“ In der Visite haben Ärzte immer gefragt, wie es einem geht. „Wenn man ein oder zwei Jahre in der Forensik untergebracht ist, wird es langweilig. Denn man hat nur ein Zimmer, einen Flur und einen Hof. Und wenn man keinen Ausgang bekommt, ist es schwierig. Was soll man dann berichten. Ich habe mich mit den Pfleger:innen ‚normal‘ unterhalten und versucht, meinen Lebensalltag zu meistern. Ich habe daran gearbeitet, dort rauszukommen. Viele bleiben 10 bis 15 Jahre. Ich hatte ein Einzelzimmer, was gut war. Dort bin ich zur Ruhe gekommen. Wenn man zum Beispiel ‚durchdreht‘ und aggressiv wird, kommt man in ein Isolationszimmer. Dort gibt es nur eine Toilette, ein Waschbecken und ein Bett. Bei der Aufnahme musste ich dort rein, was ich nicht gut fand.“ Jetzt wohnt der Patient in einer offenen Wohngemeinschaft. Er hat 5 Jahre Bewährung bekommen. Zweieinhalb Jahre sind nun vorbei, zweieinhalb Jahre liegen noch vor ihn. Er hofft, dass auf ein Jahr verkürzen kann, woran er mit seinem Bewährungshelfer arbeitet. Nach eineinhalb Jahren wäre er dann frei. „ Ich will mein Leben selbst in den Griff bekommen, und es soll geregelt sein. Es ist schwierig“, sagt er abschließend.
Im März dieses Jahres fand das sechste „Round-Table“ – Fachgespräch zur Transformation der Maßregeln bei der Bremer Werkgemeinschaft statt, bei dem auch Rudolf Heltzel, Psychotherapeut, anwesend war und sieben kritische Thesen vorstellte: die erste These besagt als Beispiel, dass „die Position der von der DGSP vertretenen Reformpsychiatrie kein positives Konzept für die Abhängigkeits- und Sicherheitsbedürfnisse von Menschen kennt. Freiwilligkeit und Patientenautonomie als zentrale Werte jeder psychosozialen Arbeit büßen aber ihre Bedeutung ein, wenn sie gebetsmühlenhaft einseitig und losgelöst von den komplexen Bedürfnissen konkreter Menschen hochgehalten werden“. These zwei beruft sich auf die erste und sagt im Kern aus, dass es an einem Konzept für therapeutische Antworten fehlt. These drei nimmt die Allgemeinpsychiatrie in den Blick, dazu heißt es: „Viele Einrichtungen der Allgemeinpsychiatrie leben eine Strategie der Verweigerung gegenüber den Bedürfnissen bestimmter Patienten, so dass diese mit ihren Bemühen um Akzeptanz und Beheimatung allein gelassen werden. Wir finden sie daher in der Forensischen Psychiatrie und Justizvollzug, der Wohnungslosenhilfe und auf der Straße wieder“. These vier beruft sich auf das Positionspapier der DGSP und lautet: „Die Stellungnahme der DGSP und das von ihr in Auftrag gegebene Positionspapier thematisieren in keiner Weise, welche offen zutage liegenden Mängel und Missstände in Einrichtungen der Allgemeinpsychiatrie zu beklagen sind. Infolgedessen kann auch keinerlei Verbindung zwischen dem bisherigen Scheitern der Psychiatriereform und dem Anwachsen des MRVs (Maßregelvollzugs) bedacht und diskutiert werden“. In These fünf „fehlt es an einem Verständnis für Paradoxien der psychiatrischen Arbeit“. Die letzte These kommt zu der Erkenntnis:
„Beide Fächer, sowohl die allgemeine Sozialpsychiatrie als auch die forensische Psychiatrie sind dringend reformbedürftig. Was die Erfolgsaussichten dieser Reform angeht, so erscheinen sie mir am besten, wenn die Reformen gemeinschaftlich angegangen werden und beide Seiten in ihrer Unterschiedlichkeit voneinander lernen. Das würde der Komplexität des Gegenstandes am ehesten gerecht“.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Ruf nach einer Reform des Maßregelvollzugs immer lauter wird. Allen voran fordert die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) im Kern, dass „Die Rechtsstellung der untergebrachten Personen gestärkt sowie eine Verbesserung der medizinischen, insbesondere der therapeutischen und sozialen Versorgung erreicht werden soll“. Dr. Heinz Kammeier hat ein Positionspapier erstellt, in dem er kritisiert, dass sich „die Forensik über Jahre zu einem Knäuel angewachsener Probleme und offensichtlicher Ausweglosigkeiten entwickelt hat“. Einen Ausweg sieht er in einer grundlegenden Reform. Reformbedürftig ist auch die Bremer Forensik, die mit Überbelegung, Verweildauern und Fachkräftemangel zu kämpfen hat. Ihr Ärztlicher Direktor Dr. Dominik Dabbert sieht die Forensik nicht als Insel, „sondern sie ist eingebunden in das gesamtpsychiatrische Hilfesystem“. Kritische Thesen hat Rudolf Heltzel beim „Round-Table“ – Fachgespräch zur Transformation der Maßregeln – vorgestellt. Auch er sieht eine Reform der Forensik als dringend notwendig.

Ich schließe mich den Forderungen von Dr. Heinz Kammeier an und halte eine Reform des Maßregelvollzugs ebenfalls für dringend erforderlich. Das begründe ich allein schon mit der Zahl von 160 Patienten in der Bremer Forensik, die damit die Kapazitätsgrenze, die bei 155 liegt, deutlich überschreitet. An den Verweildauern muss meiner Meinung nach geschraubt werden. So müssen die Aufnahmen und Entlassungen besser gesteuert werden. Auch der Fachkräftemangel, der in der Pflege und Psychiatrie herrscht, muss angegangen werden, und zwar dringend. Und ich spreche mich auch für eine Verbesserung der medizinischen, insbesondere der therapeutischen und sozialen Versorgung aus. Wenn alle Akteure noch effektiver zusammenarbeiten, dann kommt es zu einer Entspannung im Maßregelvollzug.

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