In diesem schön illustrierten Buch geht es um den sechsjährigen Paul, der oft ängstlich ist. Auf circa 40 Seiten geht Paul zusammen mit seinen Eltern das erste Mal zu einem Psychotherapeuten und geht dann mit diesem zusammen durch die verschiedenen Räume der Praxis, in denen andere Kinder zusammen mit ihren jeweiligen Therapeut:innen auf verschiedene Arten an ihren individuellen Problemen arbeiten.
Die beiden gehen zusammen durch das Gebäude und vor jeder Tür, die zunächst geschlossen ist, erklärt Herr Lohse etwas mehr, was Psychotherapie sein kann. Außerdem lässt sich durch kleine Zeichnungen die an der Tür kleben, erahnen was sich dahinter abspielt. Dann gehen sie gemeinsam in den Raum hinein, in dem gerade Therapie stattfindet. Jedes Kind hat verschiedene Dinge, an denen zusammen mit einem Therapeuten daran gearbeitet wird. Es gibt verschiedene Werkzeuge wie z.B. Papier und Farben, Knete oder sogar gepolsterte Samuraischwerter mit denen gekämpft wird.
Paul ist zunächst nervös, vergisst aber bald seine Ängste zumindest für einen Moment und es entsteht ein positiver Ausblick in die Zukunft.
Es gibt ein Vorwort und ein Nachwort, das sich an die Eltern richtet, um auch Ihnen eventuelle Vorurteile und Ängste gegenüber der Psychotherapie zu nehmen.
Das einzige was mich an dem Buch stört, ist die perfekte Umgebung in der Paul aufwächst. (Allein schon die Kleidung der Mutter sagt einiges…) Die Lehrer, die ein Problem erkennen und Psychotherapie empfehlen, die intakte Familie, und der supereinfühlsame und kompetente Therapeut, die vielen gut ausgestatteten Räume der Praxis usw.
Das ist natürlich schön anzusehen, aber die Realität kann dann für den Kassenpatienten aus dem Arbeiterviertel doch sehr enttäuschend sein. Dafür kann das Buch aber nichts, das die Realität nicht so rosig aussieht. Und wenn man diese Mängel eingebaut hätte, würde das wohl eher abschrecken und dieses Buch will ja genau das Gegenteil von abschreckend sein.
Es ist eine freundliche Einladung zur Psychotherapie, die auch die vielen Facetten und Möglichkeiten aufzeigt, die sich bieten können, wenn man sich auf das Abenteuer einlässt.
Es ist aber auch eine super Werbung für den Psychotherapeuten Herrn Ley. Oder Lobhudelei für sein Ego. Oder beides. Und dann kriegt er auch noch Geld dafür. Meinen herzlichen Glückwunsch! Therapie kann wirklich sehr helfen. Besonders dem Psychotherapeuten.
Für ein Kind, das sich vor der Therapie fürchtet ist dieses Buch aber einfach sehr empfehlenswert. Alles wird kindgerecht erklärt und die Gestaltung hilft dabei. Wahrscheinlich bin ich einfach nur neidisch, niemals einen solchen tollen Therapeuten gehabt zu haben, daher mein Zynismus.
Tobias Ley, Suse Schweizer (Illustr.): Tür auf. Paul geht zur Psychotherapie
Auflage: 1. Auflage 2022
Hardcover, 60 Seiten, 19,00 €
ISBN: 978-3-86739-267-9