Autor:in: Mariana Volz, Sabine Weber und Andreas Römer

Musiktherapie bei Demenz?

Mittwoch Abend, 19:30 Uhr. Ein kleiner Raum voll mit Musikinstrumenten. Ein riesiger Kontrabass lehnt an der Wand. Sein Holz glänzt frisch und leitet meinen Blick weiter durch den Raum, an dem sich mein Auge gar nicht satt sehen kann. Überall sind Musikinstrumente. Wenn ich mich in dem Raum so umschaue, frage ich mich, ob es den knapp zwanzig anderen Vortragsbesuchern ähnlich geht wie mir. Am liebsten möchte ich jetzt keinen Vortrag über Musiktherapie bei Demenzerkrankten hören, sondern gleich selbst alles zum Klingen und Schwingen bringen. Aber nun beginnt der Vortrag und wir lauschen gespannt der Referentin.

Anette Hoffmeier, Diplom- Musiktherapeutin, startet ihren lebhaften Vortrag mit einem Begrüßungslied,
das sie sonst den Menschen im Altenheim vorspielt. Sogleich wird es emotional. Fast fließen bei einer Vortragsteilnehmerin ein paar Tränen,
als sie von Frau Hoffmeier mit ihrem Vornamen angesungen wird.
„Ähnlich reagieren oft auch die Menschen im Altersheim“, erzählt die Musiktherapeutin.

„So schön bin ich hier ja noch nie begrüßt worden“,
sagte neulich eine ältere Dame aus dem Altersheim zu Frau Hoffmeier.  Was diese doch recht amüsant fand,
denn eigentlich begrüßt sie die Dame schon seit zwei Jahren immer mit dem Lied.
Dieses Beispiel schildert die Musiktherapeutin als Einstieg zu ihrem Vortrag „Zur Bedeutung von Musik in der (Er)lebenswelt von an Demenz erkrankten Menschen“.

Ein sehr spannendes Thema.
Denn wer selbst schon mal Erfahrung mit an Demenz erkrankten Menschen gemacht hat, der weiß, wie schwer es manchmal sein kann, diese Menschen auf irgendeine Art und Weise zu erreichen.
Frau Hoffmeier erklärt, dass ihr Begrüßungslied für sie oftmals als eine Art Türöffner fungiert.
Mit Humor erzählt sie die eine oder andere Anekdote aus dem Seniorenheim. In dem Vortrag erklärt die Therapeutin, warum gerade Musik bei Demenz Erkrankten oftmals einen leichten Zugang ermöglicht, der sonst häufig nur über einen schweren Kampf gelingt, wenn überhaupt.
Die ordnenden Strukturen in Liedern, wie der Refrain und der erkennbare Schluss, sind hilfreich und ansprechend für Erkrankte.
Lieder und Erinnerungen aus der Kindheit sind im Langzeitgedächtnis gespeichert und daher auch bei an Demenz erkrankten Menschen oft noch abrufbar.
Die ständige Wiederholung kann sogar dazu führen, dass selbst an Demenz erkrankte Menschen noch ein neues Lied lernen können,
was sonst auf Grund der Schädigung des Kurzzeitgedächtnisses kaum möglich ist.
Musik spricht viele Regionen im Gehirn gleichzeitig an und ist einer der stärksten Reize für neuronale Umstrukturierungen.

Es gibt viele gute Gründe für Musiktherapien in Seniorenheimen – das wird allen Zuhörern bewusst.
Einige der Teilnehmer arbeiten auch in der Altenpflege und Betreuung und bestätigen die Aussagen von Frau Hoffmeier.
Es wird berichtet, dass die an Demenz erkrankten Besucher und Besucherinnen nach der Musiktherapie oft viel fröhlicher, entspannter und zugänglicher sind.
Die Musiktherapeutin Hoffmeier versteht es, ihren Vortrag abwechslungsreich und informativ zu gestalten.
Sie zeigt Videos mit konkreten Fallbeispielen aus ihren Heimen.
Die Gitarre trägt sie permanent auf dem Rücken und holt sie zwischendurch hervor, um einige Lieder anzustimmen und so ihre Arbeit zu veranschaulichen.
So wundert es vermutlich auch keinen, dass gegen Ende des Vortrags an jeden der Teilnehmer ein Instrument verteilt wird und wir alle zusammen ein paar Lieder performen.

Ein ernstes, oftmals auch sehr trauriges Thema, wurde uns an diesem Abend sehr anschaulich näher gebracht. Frau Hoffmeier schließt ihren Vortrag mit einem Lied ab. Es ist ein Lied über die Suche nach den Haustürschlüsseln einer an Demenz erkrankten Frau.
Mit Wiener Dialekt und einer gehörigen Portion Selbstironie beschrieb Marianne Wappelshammer dieses „Schlüssellied“.
So ging der erste Vortrag aus der Vortragsreihe „MUSIK IM SOZIALEN“ zu Ende.