Bild oben: The Fairy Feller’s Master Stroke (Ausschnitt) von Richard Dadd (1817-1886). Dadd hatte wahrscheinlich Schizophrenie
Eine Psychose ist ein psychischer Zustand. Der Begriff wurde erstmals 1841 von Carl Friedrich Canstatt eingeführt und setzt sich aus den griechischen Wörtern “psyche” (Seele) und “osis” (Zustand) zusammen (englisch: Psychosis). Bekannt und somit existent ist die Psychose schon sehr lange. Sie wird bereits 1500 vor Christus beschrieben (Ebers Papyrus) und kommt auch bei Hippocrates (ca. 400 vor Christus) vor.
Zunächst wurde zwischen organischen (körperlichen) und endogenen (nicht körperlich begründbaren) Psychosen unterschieden. Heute geht man aber davon aus, dass alle seelischen Zustände des Menschen organisch erklärbar sind und benutzt dementsprechend die Wörter “primäre Psychose” und “sekundäre Psychose”.
Die Behandlung von sekundären Psychosen gestaltet sich dabei normalerweise offensichtlicher, da sie eine klare Ursache haben (beispielsweise Hirntumore, Infektionen, Vergiftungen oder Durchblutungsprobleme des Gehirns). Behebt man die Ursache so verschwindet normalerweise auch die (sekundäre) Psychose. Es gibt aber auch chronische sekundäre Psychosen durch Gehirnerkrankungen, die beispielsweise durch Alkoholmissbrauch auftreten können. Den allgemeinen Zusammenhang zwischen Drogenkonsum (wozu ich hier auch Alkohol zähle) und Psychosen habe ich in einem weiteren Artikel behandelt, den Sie hier (insert link) finden können.
Primäre Psychosen gibt es mehrere, wobei nicht immer ganz klar ist, was nun schon eine Psychose ist und was nicht. Beispielsweise haben Menschen mit schizoider Persönlichkeitsstörung häufig Schizophenie-ähnliche Symptome, man würde hier aber nur selten von einer Psychose sprechen. Auch die Symptome unterscheiden sich. Bei einer schizophrenen Psychose steht häufig der Wahn und die Halluzination im Vordergrund, bei der affektiven Psychose ist es in erster Linie die Stimmung; Psychosen, die der schizo-affektiven Störung zugerechnet werden, zeichnet beides aus. Ich sollte hier allerdings anmerken, dass diese Worte im stetigen Wandel sind. Wo man früher von einer “affektiven Psychose” sprach spricht man heute meist von nur noch von einer “affektiven Störung”, nicht mehr von einer Psychose.
Behandelt werden Psychosen häufig mit Medikamenten. Dabei gibt es die klassischen Neuroleptika (oder, wie man heute sagt, Antipsychotika) wie beispielsweise Haldol, die zwar häufig in der Lage sind, die Symptome einer Psychose zu unterdrücken, dabei aber massive Nebenwirkungen mit sich bringen. Wie genau das funktioniert weiß man noch nicht absolut, geht aber davon aus, dass Neuroleptika bestimmte Dopamin-Rezeptoren (D2) hemmen. Dopamin ist ein Neurotransmitter, also ein Botenstoff des Gehirns, der anscheinend bei den Psychosen eine große Rolle spielt.
Auch die neueren sogenannten atypischen Antipsychotika bringen häufig starke Nebenwirkungen mit sich, allerdings im geringeren Ausmaß als die klassischen.
Antipsychotika wirken nicht bei allen, aber wohl bei vielen. Es gibt eine anhaltende Debatte darüber, wie und ob Antipsychotika am besten einzusetzen seien. Die Meinungen gehen von “unverzichtbar” bis zu “schädlich” auseinander.
Auch werden psycho-soziale Hilfsangebote benutzt, sehr selten Elektroschocktherapie, und Psychotherapie.
Als persönliche Note: Ich habe mich nach dem Ausbruch meiner Psychose viel mit dem Thema beschäftigt. Dabei haben mir zwei Menschen, genauer gesagt Autoren, am meisten weitergeholfen, die einen Ansatz verfolgen oder verfolgt haben, der nicht üblich ist. Das sind Carl Gustav Jung, ein Schweizer Psychiater (1875-1961), und Arnhild Lauveng, eine schwedische Psychologin, die früher selbst an Schizophrenie erkrankt war. Dabei steht eine Analyse der in der Psychose auftretenden Inhalte im Vordergrund, zudem wird viel auf die Selbstheilungskräfte der Psyche gesetzt.
Gründe für das Auftreten von primären Psychosen gibt es viele, und man kann kaum davon sprechen, dass die Grundlagen zu hundert Prozent geklärt seien. Allerdings geht man heute vom Vulnerabilitäts-Stress-Modell aus. Das bedeutet, dass bei jemandem, der vulnerabel, also anfällig für das Entwickeln einer Psychose ist, durch übermäßigen Stress eine Psychose ausgelöst werden kann. Die Vulnerabilität scheint dabei auch genetisch bedingt zu sein, wie bei Studien an Zwillingen und Geschwistern allgemein festgestellt wurde; zudem steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Menschen, an einer Psychose zu erkranken, signifikant, wenn auch die Eltern oder auch nur ein Elternteil selbst psychotisch war.
Doch auch die neurobiologischen Grundlagen für Psychosen sind ob der Komplexität des Gehirns nicht wirklich geklärt. Die Dopaminhypothese beispielsweise, die daraus abgeleitet wurde, dass Neuroleptika, die antipsychotische Medikation, Einfluss auf die Dopamin-Rezeptoren nehmen und bei vielen von Psychosen Betroffenen wirken, wurde entwickelt, trifft aber auch auf zahlreiche Ungereimtheiten.
Klar ist aber wohl, dass es etwas mit den Neurotransmittern und einem Ungleichgewicht dieser zu tun hat. Dabei stehen in der Forschung das Dopamin, das Serotonin und das Glutamat im Vordergrund.
Eine Psychose zeichnet sich durch verschiedene Symptome aus. So gibt es positive Symptomatik (oder auch Plussymptome, “etwas kommt dazu”) und negative Symptomatik (Minussymptomatik). Positive Symptomatik zeichnet sich durch eine teils massive Realitätsverschiebung aus. Typischerweise halluzinieren (schizophrene) Psychotiker*innen (wobei das Stimmenhören, eine akustische Halluzination, wohl am weitesten verbreitet ist), haben Wahnvorstellungen (Liebeswahn, Verfolgungswahn, Größen- und Kleinheitswahn, Beziehungswahn und andere) und können nicht mehr klar zwischen sich selbst und der Umwelt unterscheiden oder nehmen sich als fremdgesteuert wahr (Ich-Störung).
Negative Symptomatik dagegen ist eher einer Depression ähnlich. Es wird eine reduzierte emotionale Bandbreite erlebt, eine verringerte Motivation tritt auf bis hin zu völliger Apathie. Betroffene haben Probleme Freude, Lust oder Genuss zu empfinden (Anhedonie), die Sprache ist eingeschränkt (Alogie) und Entscheidungen fallen schwer oder werden völlig unmöglich (Abulie).
Häufig sind negative Symptome bereits Teil der sogenannten Prodromalsymptomatik. Das sind Symptome, die vor dem Ausbruch der Psychose bei primären Psychosen auftreten, meist aber nicht als psychotische Symptome erkannt werden.
Auch die Selbstschädigung, die man klassischerweise von der Borderline-Persönlichkeitsstörung kennt, ist bei Psychosen prominent. Die Suizidraten bei Psychosen in westlichen Ländern sind erschreckend hoch. 20-40% versuchen, sich ihr Leben zu nehmen, und 8-10% schaffen es auch. Die Zahlen sind besonders hoch bei Menschen, die ihre erste Episode erleben oder gerade erlebt haben.
Nach einer Psychose kommt es in etwa 60% der Fälle zu einer post-psychotischen Depression.
Die erste Psychose beginnt meistens bei Männern im Alter von 15-25 Jahren und bei Frauen im Alter von 20-30. Es gibt aber auch Spätschizophrenien, die bei Frauen häufiger auftreten und manchmal kommen Psychosen auch bei Kindern vor. Wie es sich dann weiterentwickelt ist sehr unterschiedlich, und auch die Quellen sprechen von unterschiedlichen Zahlen, weswegen ich hier keine Zahlen darstellen werde. Allgemein kann man wegen der sich gelegentlich widersprechenden dargestellten Fakten Betroffenen nur dazu raten sich bei verschiedenen Quellen zu informieren und sich dann selbst ein Bild zu machen.